Die Regionale-Kliniken-Holding steht bei einigen ihrer Mitarbeiter in der Kritik. Foto: factum/Simon Granville

Mitarbeiter der Krankenhäuser im Kreis Ludwigsburg bemängeln die Zustände in den Häusern. Dass viele keine Prämie erhalten, frustriert sie. Für zusätzlichen Ärger sorgen Filztaschen mit dem RKH-Logo.

Kreis Ludwigsburg - Das Geklatsche hilft uns leider nicht weiter“, sagt die Pflegefachkraft, die in der Klinik in Markgröningen arbeitet. Der Frust ist groß bei vielen Mitarbeitern der Regionalen-Kliniken-Holding (RKH), zu der auch die Krankenhäuser in Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg gehören. In den vergangenen Monaten haben einige bis an ihre Leistungsgrenze und darüber hinaus gearbeitet. Im Geldbeutel macht sich das nur bei wenigen bemerkbar.

Seit Mitte Juni steht fest: Altenpfleger erhalten vom Bund einen Bonus von 1000 Euro, das Land kann ihn um 500 Euro aufstocken. Die Prämie für Krankenhausmitarbeiter müssen die Kliniken aber selbst zahlen. Im RKH-Verbund erhalten immerhin diejenigen, die auf den speziell für Corona-Patienten eingerichteten Stationen eingesetzt wurden 25 bis 35 Euro pro Schicht. Alle anderen aber gehen leer aus.

Für Bonus: Mitarbeiter sammeln Unterschriften

Die Klinikleitung um Jörg Martin verweist auf die „Betriebsvereinbarung Pandemie“, die gemeinsam mit dem Betriebsrat geschlossen worden sei. „Es wäre nicht gerecht, auch denjenigen Mitarbeitern die Prämie auszuzahlen, die nicht in Covid-19-Bereichen gearbeitet haben oder sogar frei hatten“, sagt Holding-Sprecher Alexander Tsongas. Der Betriebsrat und auch die Gewerkschaft Verdi sehen das anders.

Marc Kappler, Gewerkschaftssekretär im Bereich Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen, hält es für das gute Recht der rund 8000 RKH-Mitarbeiter, einen Bonus zu fordern. „Die Geschäftsführung sagt aber, dass sie dieses Geld den Krankenkassen nicht in Rechnung stellen kann“, so Kappler.

Aus unserem Plus-Angebot: Das bekommen die Klinikmitarbeiter in Stuttgart für ihren Corona-Einsatz

Der Betriebsrat Hagen Klee findet: Ein Defizit von acht Millionen Euro – das entspräche einem Bonus von 1000 Euro für jeden Mitarbeiter – sei vertretbar. Einige Beschäftigte hätten sich mit der Hälfte zufrieden gegeben. Auf einer Unterschriftenliste mit der Forderung nach einem 500-Euro-Bonus stehen die Namen von rund 700 Angestellten, Verdi unterstütze den Vorschlag. Die Klinkenleitung konnte ihm aber nichts abgewinnen.

Für den Betriebsrat wäre eine Bonuszahlung nicht nur ein Ausgleich für die Mühen der vergangenen Monate, sondern ein Zeichen genereller Wertschätzung. „Einige waren schon davor maximal belastet“, sagt Hagen Klee. Mehr als 100 Überstunden seien bereits vor der Pandemie keine Seltenheit gewesen. Und er hat ein weiteres Argument für den Bonus für alle: „Wir hatten auch auf nicht speziell ausgewiesenen Covid-Stationen Patienten, die mit dem Virus erkrankt waren“, sagt Klee. „Das Personal, das sich um diese Menschen gekümmert hat, geht jetzt aber leer aus.“ Hinzu komme, dass diese Mitarbeiter oft weit weniger geschützt waren als ihre Kollegen in den Corona-Abteilungen. Das sehen auch die Pflegekräfte so.

Schutzkleidung aus Mülltüten

„Ich glaube, wir hatten alle mal Kontakt mit Infizierten“, sagt eine Mitarbeiterin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Eigentlich arbeite sie gern im Krankenhaus, sagt sie, nur die Zustände seien teilweise nicht tragbar.

Besonders kritisieren sie und weitere Kollegen die fehlende Schutzkleidung. Weil Mäntel und Masken fehlten, musste sie die Klinikleitung rationieren – bevorzugt wurden die Covid-19-Stationen ausgestattet. Als das Material zu Neige ging, lieferte ein Unternehmen, das Müllbeutel herstellt, einen Bausatz für Schutzanzüge. Alexander Tsongas begründet diesen Schritt mit der „weltweit kritischen Situation bei der Schutzausrüstung“. Der Markt sei binnen weniger Wochen leer gewesen, auch zugesagte Hilfslieferungen von Bund und Ländern blieben aus.

Einige Mitarbeiter hätten sich unter diesen Voraussetzungen flächendeckende Tests gewünscht – nicht nur für Patienten. Dafür habe es während der akuten Corona-Phase aber nicht genügend Kapazitäten gegeben, sagt Tsongas. Er verweist darauf, dass sich die Kliniken an den geltenden Vorgaben des Robert-Koch-Instituts orientiert hätten, positiv getestete Mitarbeiter wurden dem Gesundheitsamt gemeldet. In Abstimmung mit der Behörde wurde „entweder über eine 14-tägige häusliche Quarantäne oder eine eingeschränkte Quarantäne mit der Möglichkeit eines Arbeitseinsatzes unter Sicherheitsauflagen entschieden“. Die zweite Möglichkeit, auch bei positivem Test weiter arbeiten zu können, stößt einigen Pflegern sauer auf. Für sie ein weiteres Zeichen fehlender Wertschätzung.

Filztaschen sorgen für zusätzlichen Ärgers

So bewerten Teile der Belegschaft auch den Blumengutschein und die Filztasche, die Anfang Mai von der Geschäftsführung kamen. „Bei uns liegen die Taschen immer noch unangetastet in der Ecke“, sagt eine Mitarbeiterin. In ihrem Ärger hatten viele den Tag der Pflege vergessen, zu dem es in jedem Jahr kleine Präsente gibt. „Das war von Herzen gut gemeint, kam aber vielleicht zum falschen Zeitpunkt“, sagt Hagen Klee zu den Geschenken.

Von Herzen gut gemeint, waren auch die Solidaritätsbekundungen vieler Bürger und Entscheider. Die RKH-Mitarbeiter befürchten aber, dass sie nun einfach so verpuffen. Von September an entscheidet sich, ob es nicht nur Applaus, sondern tatsächlich mehr Geld für die Pflegefachkräfte gibt. Marc Kappler von Verdi setzt vor der Tarifrunde auf das Krankenhauspersonal: „Sie sind besonders gefordert.“