Ankunft von Patienten aus Libyen zur Behandlung im Klinikum der Stadt Stuttgart. Foto: Leif Piechowski

Die politische Aufarbeitung des Skandals in der Auslandsabteilung des Stuttgarter Klinikums geht weiter. Im Fokus einmal mehr: Werner Wölfle. Was wusste der ehemalige Krankenhausbürgermeister über ein fragwürdiges Geschäft mit dem Emirat Kuwait?

Stuttgart - International Unit und kein Ende. Die frühere, kurz IU genannte, inzwischen aufgelöste Auslandsabteilung des städtischen Klinikums verursacht immer neue Vorwürfe und Verdächtigungen. Bekanntlich ermittelt die Staatsanwaltschaft in Sachen IU, die jahrelang die Geschäfte des Klinikums mit Patienten vor allem aus dem arabischen Raum abgewickelt hat. Es geht um den Verdacht der Untreue, des Betrugs, der Bestechung gegen 21 Personen.

SMS-Verkehr wirft Fragen auf

Bei der Frage nach der politischen Verantwortung steht der frühere Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) seit Längerem in der Kritik. Nun sieht sich der heutige Sozialbürgermeister erneut Vorhaltungen ausgesetzt zu seiner Rolle beim Zustandekommen eines Vertrags mit Kuwait. Darum geht es: Im Februar 2014 hatte das Klinikum einen Vertrag mit Kuwait für den Aufbau einer orthopädischen Klinik dort abgeschlossen. Vertragsvolumen: 46 Millionen Euro, davon rund 20 Millionen Euro verdeckt einkalkulierte Provisionen, von denen alleine 12,6 Millionen Euro an das kuwaitische Unternehmen Aryak gingen, ohne dass dafür eine erbrachte Leistung ermittelt werden konnte. Der Vertrag war in arabischer Sprache verfasst, die englische Version ist nicht identisch mit der arabischen. Ein juristisches Gutachten konnte den Vertrag gar nicht bewerten, wollte aber nicht ausschließen, dass der Abschluss wirtschaftlich richtig sein könnte.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Rolle von Werner Wölfle in der Sache beleuchtet wird. So kursierte schon vor geraumer Zeit eine SMS, wonach der frühere Leiter der IU, Andreas Braun, sich bei Wölfle für die Unterstützung beim Kuwait-Vertrag bedankt habe (wir haben berichtet). Nun haben die Stadträte Heinrich Fiechtner und Bernd Klingler (Gruppe BZS23, vorher AfD) der Stadt die Abschrift eines SMS-Verkehrs zwischen Wölfle und Braun vorgelegt, die umfangreicher ist und Fragen aufwirft.

Hat Wölfle bei Schmitz interveniert?

So hatten die bisherigen Darlegungen der Stadt den Schluss nahegelegt, Werner Wölfle sei in der Abschlussphase des Vertrags nicht direkt involviert gewesen. Das genannte Gutachten sei ihm vorgelegt worden, in dem aber nicht davon die Rede gewesen sei, „dass ein Vertragsabschluss gegen geltendes Recht verstoßen würde“, so die Stadt. Wegen der rechtswidrigen Nebenabsprachen ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen Andreas Braun. Wölfle habe auch davon ausgehen können, dass die durch das Gutachten aufgeworfenen rechtlichen Fragen des Kontrakts im Klinikum geklärt würden. Über die Vertragsunterzeichnung am 18. Februar 2014 durch Andreas Braun in Kuwait, der vom früheren Klinikgeschäftsführer Ralf-Michael Schmitz dazu autorisiert worden war, sei Wölfle „nicht informiert worden“, so die Stadt 2017.

Der vorliegende SMS-Verkehr lässt eine andere Lesart der Vorgänge zu. Weil der Vertrag von Geschäftsführer Schmitz am 13. Februar 2014, also kurz vor dem Abflug Brauns nach Kuwait, noch nicht unterschrieben war, wandte sich der IU-Leiter an Wölfle. Der antwortete laut Abschrift per SMS: „... wenn keine positive Entscheidung dann mit mir reden.“ Für denselben Tag notiert die Abschrift die bereits bekannte SMS von Andreas Braun: „Lieber Werner, wie auch immer es gelaufen ist: danke!!! LG Andreas“. Am Abend meldet Braun, er fahre zu einer Klausur, bei der Schmitz war, und hole die Vollmacht für die Unterschrift in Kuwait („... alles gut“). Wölfle: „Na also. Gut dass Du mich informiert hast“. Am 18. Februar, dem Tag der Vertragsunterzeichnung in Kuwait, meldet Braun an Wölfle: „Contract signed“, Wölfle gratuliert: „Congratulations be happy and don’t Pay a Defizit“.

Kuhn weist Lügenvorwurf zurück

Heinrich Fiechtner wirft nicht nur Wölfle, sondern auch OB Fritz Kuhn (Grüne) vor, die Verwaltung habe „die Unwahrheit über den Wissensstand von BM Wölfle gesagt“. Darauf hat Kuhn nun reagiert und den „Vorwurf der Lüge“ zurückgewiesen. „Ich glaube – bis zum Beweis des Gegenteils – den fachlich zuständigen Bürgermeistern“, heißt es in einer Presseerklärung. Jetzt müsse man den SMS-Verkehr „so weit wie möglich aufklären“, so Kuhn. Er habe Werner Wölfle deshalb „um eine dienstliche Erklärung gebeten“. Der konnte sich dazu noch nicht äußern. Wölfle, der wegen der Vorgänge in der IU von SPD-Fraktionschef Martin Körner seit einiger Zeit zum Rücktritt aufgefordert wird, ist noch im Urlaub im Ausland und war auf Anfrage nicht erreichbar.