Die Stiftung des ehemaligen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking will der Bietigheimer Klinik ein Gerät spenden, doch die winkt ab. Für Wiedeking ist das ein Zeichen, dass der Gesundheitsstandort Bietigheim in Gefahr ist.
In Deutschland erleiden jährlich rund 50 000 Menschen einen Herzstillstand. Passiert das außerhalb eines Krankenhauses, liegen die Überlebenschancen gerade einmal bei zehn Prozent – wer überlebt, erleidet häufig schwere Hirnschäden. Helfen soll „Carl“. Das Gerät sieht aus wie ein kleines Dieselaggregat, mit einem Display und mehreren Drehknöpfen. Laut Forschern der Uniklinik Freiburg kann die Herz-Lungen-Maschine dreimal mehr Leben retten als bisherige Geräte.
Eine gute Sache, dachte sich der ehemalige Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking und bot der Bietigheimer Klinik das 100 000 Euro teure Gerät an. Doch der Spendenversuch scheiterte – unter anderem an der Kommunikation. Der Vorgang veranschaulicht tieferliegende Herausforderungen der Regionalen Kliniken Holding (RKH).
Die Wiedeking Stiftung unterstützt Projekte im Bereich Soziales, Kultur und Wissenschaft, mit Fokus auf Stuttgart und Bietigheim-Bissingen – der alten Wirkungsstätte und der Heimat von Wendelin Wiedeking. Anfang des Jahres wird die Stiftungsleitung auf das neue Wundergerät „Carl“ aufmerksam. Laut eigener Aussage kontaktiert der Stiftungsvorstand daraufhin Bietigheims Oberbürgermeister Jürgen Kessing, der im Aufsichtsrat der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim (KLB) sitzt. Kessing stellt den Kontakt zu entsprechenden Ärzten der Klinik her, doch schnell wird klar, dass aus der Spende nichts wird.
Laut RKH-Leitung ergibt der Einsatz von „Carl“ nur dann Sinn, wenn die passende räumliche, apparative und personelle Ausstattung vorhanden ist – ein sogenanntes Herzkatheterlabor. Das gibt es aber nur in Ludwigsburg, nicht in Bietigheim. Hintergrund ist die zunehmende Spezialisierung der beiden Häuser. Die Kliniken teilen sich Aufgabenfelder auf, um Doppelstrukturen einzusparen. Eine unternehmerische Entscheidung und Trend in der bundesweiten Krankenhauslandschaft.
Man könnte die ganze Sache nun abtun, blöd gelaufen – doch hinter dem Spendenversuch steckt mehr. Denn zur Verwunderung der Wiedeking Stiftung hat die Geschäftsleitung der RKH nie etwas von dem Angebot mitbekommen. Das bestätigt RKH-Sprecher Alexander Tsongas auf Nachfrage. Die Stiftung sei davon ausgegangen, dass die Gespräche mit den Ärzten auch bei der Geschäftsführung ankommen, sagt Anton Hunger, Vorstandsmitglied der Stiftung. „Dass die RKH jetzt sagt, sie wissen nichts davon, kann ich nicht nachvollziehen.“
RKH-Betriebsratsvorsitzender Hagen Klee sieht das ähnlich: „Das hätte intern so kommuniziert werden müssen, dass für die Stiftung alles klar ist.“ Es sei nicht das erste Mal, dass sich Schwächen in der internen Kommunikation aufzeigen. Zudem sei der Betriebsrat der Meinung, dass der Einsatz eines „Carl“ in Bietigheim durchaus sinnvoll wäre – auch ohne Herzkatheterlabor.
Klinik Bietigheim: Pläne für Anbau gestoppt
Die ganze Sache beunruhigt die Stiftung, vor allem Wendelin Wiedeking. Die RKH-Geschäftsführung lasse „kein gesteigertes Interesse für das Krankenhaus Bietigheim“ erkennen, so der ehemalige Porsche-Chef. Er vermutet, dass die Geschäftsführung die Klinik in Bietigheim „herunterfahren will“. Diese Entwicklung wäre nicht im Sinne der Patienten, „die auf eine intensive Nachversorgung bei Herzstillstand angewiesen sind“.
Tatsächlich steht die Zukunftsplanung für die Bietigheimer Klinik aktuell still. Ende 2023 wurden Planungen für den An- und Neubau gestoppt. Der Grund seien die bisher nicht vorhersehbaren Auswirkungen der Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, so die RKH-Leitung. Ob und wie die Klinik auf Vordermann gebracht wird, steht also in den Sternen.
Es sei eine verzwickte Lage, sagt der Betriebsratsvorsitzende Hagen Klee. Einerseits habe er Verständnis, dass die RKH-Führung die Krankenhausreform abwarten will. Gleichzeitig belaste der Stillstand die Mitarbeiter. „Die Belegschaft braucht Klarheit, sonst besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter die Klinik verlassen.“ Vor allem Regionaldirektorin Anne Matros und Bietigheims Leiterin Janina Oehrle würden sich jedoch um positive Signale an die Mitarbeiter bemühen.
Für die RKH-Führung sind es turbulente Zeiten. Erst verkündete Anne Matros ihren Abgang, blieb dann aber, weil im Februar das Ende von Geschäftsführer Jörg Martin beschlossen wurde. Mitte Mai folgte der nächste Aufreger rund um die Wahl des neuen Kaufmännischen Geschäftsführers Axel Hechenberger. Das alles bindet Kapazitäten. Betriebsrat Klee hofft, dass die Personalfragen bald geklärt werden und sich die RKH wieder voll auf die wichtigen Zukunftsthemen fokussieren kann.
Doch was passiert nun mit der Spende? Dass die Wiedeking Stiftung der Ludwigsburger Klinik einen „Carl“ besorgt, scheint unwahrscheinlich. Der Fokus der Stiftung liegt auf Bietigheim. Auch ansonsten scheinen Stiftung und Klinik aktuell kein Interesse daran zu haben, einen zweiten Anlauf für eine Zusammenarbeit zu starten.