Blick auf den Aletschgletscher. Der größte Gletscher der Alpen, der Aletsch in der Schweiz, droht wegen des Klimawandels bis Ende des Jahrhunderts auf ein paar Eisfelder zusammenzuschrumpfen. Foto: Georgios Kefalas/Keystone/dpa

Fast 160 000 Kubikkilometer Eis beherbergen die Gletscher der Welt – die Eisschilde Grönlands und der Antarktis ausgenommen. Doch die gigantischen Wasserreservoirs schmelzen in besorgniserregendem Tempo dahin – wie der größte Alpengletscher, der Aletsch in der Schweiz.

Zürich - Der größte Gletscher der Alpen, der Aletsch in der Schweiz, droht wegen des Klimawandels bis Ende des Jahrhunderts erheblich zu schrumpfen. Mit womöglich dramatischen Folgen, denn der Gletscher trage mit seinem Schmelzwasser im Sommer im trockenen Rhonetal maßgeblich zur Wasserversorgung bei, berichtete die Züricher Universität ETH am Donnerstag.

„2100 sind nur noch ein paar mickrige Eisfelder übrig“

Seit dem Jahr 2000 habe sich die Zunge des Aletschgletschers um rund einen Kilometer zurückgezogen, berichten die Wissenschaftler Guillaume Jouvet und Matthias Huss. Sie haben auf einem dreidimensionalen Gletschermodell simuliert, wie sich die Eismassen bis Ende des Jahrhunderts entwickeln könnten – in Abhängigkeit davon, wie stark sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und damit das Klima verändern.

Selbst wenn die globale Erwärmung wie beim Pariser Klimagipfel vereinbart unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit gehalten werden kann und sich das Klima ab 2040 stabilisiert, setze sich der Gletscherrückgang fort. „Sowohl beim Eisvolumen als auch bei der Länge müsste in diesem Fall mit einer Abnahme von mehr als 50 Prozent im Vergleich zu heute gerechnet werden“, betonte Jouvet.

Nicht ausgeschlossen sei aber auch ein Szenario, in dem sich das Klima in der Schweiz bis Ende des Jahrhunderts um vier bis acht Grad im Vergleich zur Referenzperiode 1960-1990 erwärmen wird. Dann seien im Jahr 2100 „nur noch ein paar mickrige Eisfelder übrig“.

Weltweites Schmelzen der Gletscher

Weltweit verlieren schmelzende Gletscher jährlich rund 335 Milliarden Tonnen Eis. Zu diesem Schluss sind kürzlich Forscher aus Zürich gekommen, die Satellitenmessungen und Beobachtungen vor Ort ausgewertet haben.

Die Forscher um Daniel Farinotti von der Universität Zürich schreiben in einer Studie im Fachjournal „Nature Geoscience“, die Welt verliere damit jährlich rund drei Mal das verbleibende Gletschervolumen der Europäischen Alpen. Die Gletscher hätten zwischen 1961 und 2016 mehr als 9000 Milliarden Tonnen Eis verloren.

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Eisschilde Grönlands schwinden dahin

Die Forscher schätzen das Eisvolumen von 215 000 Gletschern auf 158 000 Kubikkilometer. Das seien 18 Prozent weniger als der Durchschnitt früherer Schätzungen. Das Meereis und die zusammenhängenden Eisschilde Grönlands und der Antarktis ließen sie außer Acht. Rund die Hälfte der übrigen Gletscher liege in den arktischen Gebieten etwa von Nordamerika und Russland.

Die Gletscher des Himalayas und weiterer Gebirge Hochasiens haben nach den neuen Schätzungen zusammen nur 7000 Kubikkilometer Eis, ein Viertel weniger als bislang geschätzt.

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Damit sei zu befürchten, dass die Gletscherfläche dort schon in den 2060er – und nicht wie bisher angenommen in den 2070er Jahren – um die Hälfte geschrumpft sein werde. Das habe Konsequenzen für die Wasserversorgung. Die Gletscher Hochasiens speisen große Flüsse wie Indus, Tarim und die Zuflüsse des Aralsees. Davon hängen wiederum Hunderte Millionen Menschen ab.