Die Wüste lebt: Nach heftigen Regenfällen blühen in der chilenischen Atacama-Wüste für kurze Zeit Blumen. Die Huasco-Region, 600 Kilometer der Hauptstadt Santiago de Chile, erblüht in prächtigem Pink, Weiß und Grün. Foto: picture alliance / dpa

Ein Drittel der Landfläche der Erde ist Wüste. Um sie wieder zu begrünen, werden in China, Indien oder Äthiopien Millionen Bäume gepflanzt. Forscher der Universität Hohenheim haben jetzt untersucht, wie große Plantagen dazu beitragen können, Regen in die Wüste zu bringen.

Stuttgart - Rund 20 Prozent der Landfläche der Erde sind von Wüsten bedeckt. Nimmt man die Regionen mit Halbwüsten dazu, sind es sogar mehr als ein Drittel. Die Fläche der reinen Wüsten ist knapp 90 Mal so groß wie Deutschland (357 600 Quadratkilometer). Allein die Sahara misst eine Fläche von 9,2 Millionen Quadratkilometern.

Desert Greening heißen Projekte, bei denen Trockenzonen zu neuem, grünem Leben erwachen sollen. Die Wüstenbegrünung kann helfen, die Wasserknappheit sowie die Energie- und Nahrungsmittelkrise zu lösen.

Forscher der Universität Hohenheim haben jetzt untersucht, wie man mit Hilfe von großen Plantagen Wüstenflächen begrünen kann, um der Klimakrise entgegenzuwirken. Ihre Studie ist in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) erschienen.

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Wüsten mit Jojoba-Sträuchern begrünen

„Großflächige Plantagen, zum Beispiel aus Jojoba-Pflanzen, erhöhen deutlich den Anteil an Sonnenenergie, der von der Erdoberfläche absorbiert wird“, erklärt der Erdsystem-Wissenschaftler Oliver Branch von der Universität Hohenheim. Zusammen mit dem Leiter des Instituts für Physik und Meteorologie, Volker Wulfmeyer, hat er untersucht, inwieweit großflächige Plantagen in Wüstenregionen dazu beitragen können, Kohlendioxid-Emissionen zu kompensieren und das regionale Klima zu verbessern.

Jojoba ist ein immergrüner Strauch, der bis zu vier Meter hoch wird. Seine Pfahlwurzeln reichen bis zu zehn Meter in den Boden. Die Sträucher gedeihen am besten in Wüsten und Halbwüsten.

Die ökologische Bedeutung der Jojoba liegt im Schutz vor Bodenerosion und der Schaffung eines günstigen Kleinklimas. Auch wirtschaftlich ist das gegen Hitze und Trockenheit resistente Gewächs interessant. Denn die Biomasse kann als nachwachsender Rohstoff in der Energie-Gewinnung eingesetzt werden.

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Pflanzen binden CO2 und bringen den Regen zurück

Nach Aussage der Hohenheimer Wissenschaftler können durch die Begrünung der Trockenzonen die Temperaturen gesenkt und Niederschläge ausgelöst werden. Durch diese sogenannte Bio-Geo-Engineering-Methode binden Pflanzen wie Jojoba CO2 und speichern Kohlenstoff.

Geo-Engineering umfasst Verfahren, bei denen mit Hilfe technischer Mittel in geochemische oder biogeochemische Kreisläufe der Erde eingegriffen wird. Ziel ist es, die globale Klimaerwärmung, den Abbau der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und die Versauerung der Meere zu stoppen.

Leben in heißen Gebieten wird erträglicher

Mit den Jojoba-Plantagen könne, so die Forscher, Regen in der Wüste erzeugt und das regionale Klima positiv beeinflusst werden.

Die Pflanzen würden die Energie größtenteils in Form von Wärme an die Umgebungsluft abgeben, erläutert Branch. So entstehe über der Wüste ein warmes Gebiet mit niedrigem Luftdruck – ein sogenanntes Hitzetief. „Die Druckdifferenzen in der Umgebung der Plantagen erzeugen Auftriebsgebiete, die zur Bildung von Wolken und Niederschlag führen können.“

„Das globale Klima können wir natürlich erst verändern, wenn die CO2-Aufnahme einen globalen Einfluss erreicht“, erläutert Wulfmeyer. „Aber schon so können wir das Wetter beeinflussen und das Leben in trockenen und heißen Gebieten für die Menschen erträglicher gestalten.“

Projekt existiert bisher nur als Computersimulation

Wie sich die Begrünung auf das Klima auswirkt, hat Branch mittels des Cray Supercomputers am Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) in Computersimulationen berechnet.

Der Wert zwischen o und 3 im sogenannten Global Feedback Index zeigt an, wie gut sich eine Zone für die Bepflanzung und Regenbildung eignet. „Drei ist hier der beste Wert“, so Branch. „Gebiete, die diesen Wert erreichen, liegen zum Beispiel auf der Arabischen Halbinsel, in Namibia und in der Sahara.“

Es gebe viele Negativbeispiele, welche Folgen das Abholzung der Wälder für das Klima hat, so Wulfmeyer. „Da kommen die Menschen buchstäblich vom Regen in die Traufe, weil dadurch der Niederschlag verringert wird. Wir können nachweisen, dass dies auch umgekehrt funktioniert.“

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Dessert Greening in Äthiopien und Indien

In vielen Ländern der Erde versucht man inzwischen dem Klimawandel durch das Pflanzen von Bäumen etwas entgegenzusetzen. So werden in Äthiopien im Zuge der Initiative „Green Legacy“ (grünes Vermächtnis) rund vier Milliarden Bäume gepflanzt.

Auch in Indien sind jüngst 220 Millionen Bäume in Wäldern im Unionsstaat Uttar Pradesh gepflanzt worden. Bäume entziehen der Luft durch Fotosynthese das Treibhausgas Kohlendioxid und können so den Klimawandel bremsen.

Viele Vorteile gleichzeitig erzielen

„Wir streben eine Win-Win-Situation an. Wenn man es geschickt anstellt, erreicht man mehrer Ziele gleichzeitig“, betont Volker Wulfmeyer.“ Wenn in Äthiopien vier Milliarden Bäume gepflanzt würden, werde sehr viel Kohlenstoff gebunden. „Das ist schon mal ganz gut. Aber wenn man die Bäume weit verstreut, kann man auf diese Weise nicht den Niederschlag verstärken. Zudem muss man in Regionen, in denen der Grundwasserstand oder die Wasserverfügbarkeit ohnehin niedrig sind, bewässern. Das ist wenig vorteilhaft.“

Wulfmeyer: „ Wir streben an zu zeigen, dass man durch konzentrierte, koordinierte Maßnahmen viele Vorteile gleichzeitig für die Menschen in der Region erzielen kann und dass wir inzwischen in der Lage sind, nicht nur schädlich, sondern auch positiv auf das Erdsystem einzuwirken.“