Kurze Flüge – etwa zwischen Stuttgart und Frankfurt – sind umstritten. Foto: dpa

Aus ökologischen Gründen sollten Reisende häufiger auf die Bahn umsteigen – und nicht das Flugzeug nutzen, fordern Umweltschützer und Politiker. Doch in vielen Fällen ist das bislang gar nicht möglich.

Frankfurt - Studenten der Universität Basel werden wohl künftig häufiger auf den Zug umsteigen müssen. Die Uni hat ein Konzept entworfen, wonach Strecken bis 1000 Kilometer nicht mehr geflogen werden sollen. Sie wollen damit den „ökologischen Fußabdruck“ jedes Reisenden verringern – und halten den dafür notwendigen Verzicht auf Komfort oder den höheren Zeitaufwand für vertretbar.

Die Idee ist nicht neu – nur getan hat sich in den vergangenen Jahren bei der Verlagerung von Verkehr aus der Luft auf die Schiene eher wenig. „Ich möchte, dass Kurzstreckenflüge innerhalb Deutschlands unter 500 Kilometer verboten werden“, fordert daher Sabine Sauer aus Leverkusen, die Ende Januar eine Online-Petition gestartet hat. Neun Monate will sie Stimmen für ihr Anliegen sammeln, 50 000 braucht sie, damit das Thema wieder einmal im Bundestag diskutiert wird – 620 Unterschriften waren es am Mittwoch. Doch Sabine Sauer ist nur eine von vielen Klimafreunden, die sich gegen „unsinnige Flüge“ wehren. 55 Kilogramm Kohlendioxid pro Passagier würde etwa ein Flugzeug auf der 183 Kilometer langen Strecke zwischen Düsseldorf und Frankfurt ausstoßen, die Bahn komme nur auf zehn Kilogramm. Sie schließe sich daher einer entsprechenden Forderung der Linken im hessischen Landtag an.

Gegen das Chaos am Himmel

Auch die hessischen Grünen wollen „wirksame Alternativen“ für Flugreisen innerhalb Deutschlands. Diese Alternativen suchen alle Beteiligten schon länger. Der verspätungsreiche Sommer hat die Suche beschleunigt. Auf dem sogenannten Luftfahrtgipfel Anfang Oktober 2018 in Berlin wurden insgesamt 24 Punkte verabschiedet, wie man ein erneutes Chaos am Himmel verhindern wolle. Ein Punkt davon zielt auf die Kurzstrecke ab: „Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, Kurzstrecken- und Zubringer-Flugverkehr auf die Schiene zu verlagern und die intermodale Anbindung der wichtigen internationalen Verkehrsflughäfen zu verbessern.“

An Deutschlands wichtigstem Drehkreuz Frankfurt sind die Voraussetzungen für den Umstieg auf Bahn oder Straße so günstig wie an fast keinem anderen Flughafen in Europa. Der Fernbahnhof ist wenige Gehminuten von den Terminals des Flughafens entfernt. Dennoch gibt es auch an „FRA“, wie der Flughafen in der internationalen Kennung heißt, nach wie vor Kurzstrecken. Letztlich entscheide der Kunde, sagt ein Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport. Daher gibt es selbst heute noch täglich einige Flüge zwischen Frankfurt und Stuttgart. Zum Kölner Dom jedoch geht es seit Eröffnung der Schnellbahnstrecke vor 16 Jahren nur noch auf der Schiene.

Kooperation mit der Bahn

Der Hauptkunde des Flughafens, die Lufthansa, hat seine Anstrengungen in den vergangenen Jahren verstärkt, möglichst viele Passagiere auf die Schiene zu bringen. Aus Stuttgart oder dem Rhein-Ruhr-Gebiet ist man in etwas mehr als einer Stunde per Bahn am Fernbahnhof des Flughafens. Dieses Angebot sei ausbaufähig, sagt ein Lufthansa-Sprecher. Allerdings sei es aus Sicherheitsgründen nicht möglich, dass Passagiere ihre Koffer bereits in Köln oder Stuttgart so einchecken, dass sie auf den anschließenden Mittel- oder Langstreckenflug umgeladen werden können. Dies würden die Behörden nicht erlauben. Für die Lufthansa sind die Kurzstrecken jedoch ein wichtiger Baustein, um möglichst viele Passagiere in ihre großen Flugzeuge zu bekommen. Daher hat man auch das Express-Rail-System mit der Bahn ausgeweitet. Dabei wird jedem Kunden bei der Buchung eines Fluges eine Bahnverbindung vom und zum Wohnort angeboten. „Das macht den Kunden die Entscheidung so einfach wie möglich und setzt einen Anreiz, die Bahn statt Flugzeug oder Auto zu wählen“, lobte Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) unlängst. „Das schont Klima und Umwelt.“

Ein Viertel der Starts und Landungen der Lufthansa entfällt auf Kurzstrecken

Aber die Lufthansa macht dies freilich nicht nur aus Rücksicht auf die Umwelt, sondern aus handfestem wirtschaftlichen Interesse. Rund ein Viertel der täglichen Starts und Landungen der Kranich-Linie in Frankfurt sind Kurzstrecken. Würde die Lufthansa diese Verbindungen streichen, fielen fast 80 Prozent aller Kurzstreckenflüge in Frankfurt weg, rechnen die Fluglärmgegner vor. Der Lufthansa käme das allerdings auch entgegen, da sie jeden zusätzlichen „Slot“ angesichts der vollen Flughäfen für andere Verbindungen nutzen könnte. Der Umstieg auf die Bahn funktioniert jedoch nur dann reibungslos, wenn die Flughäfen auch an das Schienennetz angebunden sind. Beim zweiten deutschen Drehkreuz der Lufthansa, in München, ist das nicht der Fall. Daher gibt es dort auch noch den aktuell wieder einmal heftig umstrittenen Flug zwischen Nürnberg und München. 40 Minuten dauert es aus Franken ins Erdinger Moos, die S-Bahn aus der Münchner Innenstadt zum Flughafen braucht fünf Minuten länger. Dafür können die Flugpassagiere aus Nürnberg innerhalb des Terminals direkt auf ihren Mittel- oder Langstreckenflug umsteigen. Nur so rechnet sich für die Lufthansa der Preis von 69 Euro pro Strecke – in den meisten Fällen ist er im Preis der Gesamtreise für den Passagier enthalten.

Abhilfe für das Münchner Problem ist vorerst durch die Bahn nicht in Sicht. Der Flughafen liegt abseits der Schnellbahnstrecke von Berlin, die die Bahn erst vor gut einem Jahr eröffnet hat – die führt zwar auch über Nürnberg, endet dann aber in der Münchner Innenstadt.