Dampf steigt aus den Kühltürmen des Kohlekraftwerks Schwarze Pumpe (Brandenburg). Foto: dpa

Das Kohlendioxid, das in Kohlekraftwerken entsteht, soll künftig einfach vergraben werden.

Stuttgart - Kohlendioxid gilt als schlimmster unter allen Klimakillern - und so konzentrieren sich die Anstrengungen verstärkt darauf, ihn in die Schranken zu weisen.Seit Monaten kreist die Diskussion um ein Verfahren, das unter anderen auch Felix Matthes vom Freiburger Öko-Institut als großen Beitrag zum Klimaschutz feiert: Das Kohlendioxid, das unvermeidlich bei der Energiegewinnung in Kohlekraftwerken entsteht, soll einfach vergraben werden - und kann so dem Klima nicht schaden. CCS heißt die Technologie, mit der das CO2 im Erdboden versenkt werden soll. Die Politik befasst sich damit schon seit einiger Zeit, CCS ist auch Thema im Bundesrat. Matthes: "Eine unverzichtbare Option für den weltweiten Klimaschutz."

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat bereits einen Gesetzentwurf beschlossen, aber die Länder sind noch nicht mit im Boot. Eine Ausstiegsklausel soll es ihnen ermöglichen, bei begründeten Bedenken die CO2-Speicherung zu verweigern. Ein EU-Pilotprojekt gibt es freilich schon - am Rande des brandenburgischen Städtchens Ketzin. Dort wird Kohlendioxid in den Sandstein gepresst. Bisher wurden fast 50.000 Tonnen des Gases, das zum Beispiel für die Getränkeproduktion eingesetzt wird, in mehr als 600 Meter Tiefe eingelagert.

Projektleiter Michael Kühn ist zufrieden, "sehr gute Erfolge" habe man erzielt. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) spricht von einer "international beachteten Klimaschutzoption" und schwärmt von potenziellen Exportchancen. Und natürlich gelten "höchste Sicherheitsstandards".

Große Risiken für das Grundwasser

Das überzeugt längst nicht alle Kritiker. Anike Peters von Greenpeace prangert CCS als "Sackgassentechnologie" an und sieht "große Bedenken in der Bevölkerung". Deshalb seien auch Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf Distanz zu der Technologie gegangen. Im norddeutschen Becken existieren geologisch günstige Voraussetzungen für die Speicherung von CO2, genau dort aber formiert sich Widerstand.

Grundsätzlich befürchtet die Umweltschutzorganisation Greenpeace beim CCS-Verfahren große Risiken für das Grundwasser, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass das verpresste Kohlendioxid durch das Gestein dringt. "Es liegen zu wenige Erkenntnisse darüber vor, wie das CO2 im Untergrund reagiert. Es kann sein, dass salzhaltiges Wasser in den Lagerräumen verdrängt wird, aufsteigt und durch Risse ins Grundwasser gelangt", befürchtet Peters. Das Grundwasser könnte so durch die hohe Salzkonzentration gefährdet werden. Denkbar sei aber auch, dass sich das CO2 selbst durch undichte Gesteinsschichten einen Weg an die Oberfläche bahnt. Ein anderes Hindernis ist offenbar physikalischer Natur: Kraftwerke verlieren wegen des hohen Energieaufwands beim Auffangen von Kohlendioxid rund zehn Prozentpunkte an Wirkungsgrad. Um die Leistung zu erhalten, müssten die Betreiber also mehr Kohle verfeuern.

Die Umweltschützer befürchten zudem, dass mit der CO2-Lagerung im Erdboden neue Kohlekraftwerke legitimiert würden. Damit könnte sich durch die Hintertür eine neue Risikotechnologie etablieren. Wenn die Energiekonzerne einmal auf den Geschmack gekommen seien, würden sie, so Peters, neben Brandenburg auch noch weitere Lagerstätten in anderen Bundesländern erkunden. "Dabei kann man die Millionen, die diese Technologie kostet, im Bereich der erneuerbaren Energien viel sinnvoller einsetzen", sagt Peters. Zudem komme CCS viel zu spät, um die Klimaziele fristgerecht zu erreichen.

Mittlerweile mehren sich in Brandenburg die Bedenken. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der bisher die neue Technologie unterstützt hat, machte vor kurzem klar, dass er CCS nicht um jeden Preis will: "Falls sich die unterirdische Speicherung als nicht beherrschbar herausstellen sollte, wird sie nicht eingesetzt."