Blick auf Bad Cannstatt: Die Hälfte der Stadt soll an Wärmenetze, die andere braucht Wärmepumpen, so der grobe Plan. Foto: Imago/Arnulf Hettrich

In zehn Jahren soll Haushalten in Stuttgart kein Gas mehr zum Kochen und Heizen zur Verfügung stehen. Das ist zwar das erklärte Ziel der Stadt, deutlich aussprechen wie in Mannheim will es die Stadt aber nicht. Das hat vor allem einen Grund.

Der Energieversorger in Mannheim hat unlängst einen Schritt gewagt, vor dem man in Stuttgart erkennbar zurückschreckt. Ab 2035 soll es in Mannheim für Haushalte kein Gas mehr geben, das hat MVV gerade öffentlich angekündigt. Für Stuttgart stellt sich diese Frage auch – ausgelöst durch Aussagen städtischer Mitarbeiter, unter anderem im ZDF.

 

Stuttgart will von 2035 an emissionsfrei sein. Fossile Brennstoffe sollen dann Geschichte sein, folglich auch Gas. Doch in aller Konsequenz formuliert das kaum einer, auch weil die Realität in der Stadt derzeit anders aussieht.

Das sagt die Wärmeplanung für Stuttgart

Laut städtischer Wärmeplanung soll, grob gesagt, die eine Hälfte der Stadt ab 2035 mit Wärmepumpe heizen, die andere über Wärmenetze. Doch bis Gas aussortiert werden kann, müssen noch Tausende Wärmepumpen installiert und etliche Wärmenetze gebaut werden. Kein Gas mehr in zehn Jahren, ist das zu schaffen?

Frank Nopper hält nichts von „Konfrontation mit dem Bürger“. Foto: Archiv Lichtgut/Julian Rettig

In einem Beitrag der ZDF-Sendung „Frontal21“ hatte Jürgen Görres, der Leiter der Energieabteilung, gesagt, dass das Gasnetz 2035 in ganz Stuttgart stillgelegt werde. Sein Chef, Andreas Neft, formulierte es im Ausschuss für Klima und Umwelt zurückhaltender. Strategisch sei von 2035 an Gas in der Landeshauptstadt kein Thema mehr. Heftige Kritik übt Haus & Grund, der Verein vertritt seit 1902 die Interessen von Eigentümern. „Das macht etwas mit den Leuten“, sagt der Geschäftsführer Ulrich Wecker über die Gas-Aussage im Fernsehen. Aus dem Klimaziel 2035 lasse sich nicht ableiten, „dass ab da kein Gas mehr fließt, insbesondere dann, wenn es keine Alternativen gibt“, sagt er. Joachim Rudolf, der Vorsitzende, ergänzt: „Energiewende kann nicht par ordre du mufti angeordnet werden.“ Man müsse die mitnehmen, die es betreffe.

Der Oberbürgermeister Frank Nopper jedenfalls hält nichts von der Brechstange. „Es ist unklug, auf Konfrontation mit dem Bürger zu gehen – das hat Robert Habeck mit seinem Heizungsgesetz gezeigt“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. „Der Bürger braucht keine Vorgaben, er braucht Planungssicherheit.“ Und auch der Bau- und Umweltbürgermeister Peter Pätzold sagt: „Konkrete Aussagen, wann was abgeschaltet wird, sind aktuell noch schwierig oder sogar unmöglich.“

Wecker von Haus & Grund verweist zudem auf die Aussage von Harald Hauser, Geschäftsführer von Stuttgart Netze, im Ausschuss für Klima und Umwelt: Ohne Alternativversorgung könne das Gasnetz nicht stillgelegt werden. Laut Terranets BW könnte aber spätestens 2040 Schluss sein. Denn der Betreiber des Gasübertragungsnetzes in Baden-Württemberg will bis dahin viele Leitungen stilllegen oder vor allem dazu nutzen, Wasserstoff zu transportieren. Der Ausbau des Wasserstoffnetzes hat auch in der Politik hohe Priorität.