Fernwärmeleitungen liegen im Straßenverkehr und brauchen viel Platz, weshalb der Ausbau seine Zeit braucht. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Ludwigsburg will bis 2035 klimaneutral werden, Kornwestheim bis 2040. Um das Ziel zu erreichen, soll das Fernwärme-Netz ausgebaut werden. Wo werden 2025 Leitungen verlegt und welche Rolle spielt zukünftig der Neckar?

Das Fernwärme-Netz in Ludwigsburg und Kornwestheim soll in diesem Jahr um fünf Kilometer erweitert werden. „Das klingt erst einmal wenig, aber das ist nicht wie ein Stromkabel zu verlegen“, sagt Johannes Rager, Geschäftsführer der Stadtwerke Ludwigburg-Kornwestheim.

 

Die Fernwärme-Leitung liege im Straßenverkehr, mehr als 1,5 Meter tief, die zwei Rohre für Vor- und Rücklauf mit Dehnungsbögen und Dämmung bräuchten viel mehr Platz. Dennoch: 2035 sollen 70 Prozent des Wärmebedarfs über Fernwärme gedeckt werden – und die soll zu 100 Prozent klimaneutral sein. Wie weit ist man derzeit mit dem Ausbau der Fernwärme, woher kommt die eigentlich und wie kommen Preisschwankungen zustande? Drei Fragen, drei Antworten.

Wo stehen die Stadtwerke im Ausbau der Fernwärme?

Aktuell haben die Stadtwerke insgesamt 80 Kilometer Fernwärmeleitung in Ludwigsburg und Kornwestheim verlegt, damit werden circa 15 Prozent des Wärmebedarfs gedeckt. Dabei ergeben die Leitungen nicht ein großes, zusammenhängendes Verbundnetz. „Das macht die Komplexität bei uns aus, wir haben komplett eigenständige Netze mit eigener Erzeugungsanlage wie in Eglosheim“, sagt Rager.

Hier liegen derzeit Fernwärme-Leitungen Foto: SWLB/Manfred Zapletal

Die Stadt Ludwigsburg hat beschlossen, bis 2035 klimaneutral zu werden, Kornwestheim will fünf Jahre später nachziehen. Das Ziel ist also festgelegt, auch durch die kommunale Wärmeplanung. Die Stadtwerke werden zudem gemeinsam mit der Stadtverwaltung Ludwigsburg im laufenden Jahr Pläne für den weiteren Netzausbau aufsetzen. Anhand dessen lässt sich feststellen, welche Immobilien an das Wärmenetz angeschlossen werden können und welche eine gebäudeindividuelle Heizung, hauptsächlich Wärmepumpen, brauchen.

Johannes Rager ist seit Januar 2020 Geschäftsführer der Stadtwerke – gemeinsam mit Christian Schneider. Foto: SWLB/Benjamin Stollenberg

Wie geht es dieses Jahr weiter? 2025 werden in Kornwestheim beispielsweise in der Hornbergstraße, Traifelbergstraße, Ludwigsburger Straße, die Alte B27 „Allee“ sowie zwischen der Jakobstraße und Pflugfelder Straße neue Fernwärmeleitungen verlegt. In Ludwigsburg arbeitet die SWLB derzeit in der Hirschberg-/Theurerstraße. Hinzu kommen in diesem Jahr Baustellen in der Franckstraße, beim Holzmarkt und in der Abelstraße zwischen Asperger Straße und Talstraße.

Mitte März setzen die SWLB ihre Fernwärmearbeiten in der Pflugfelder Straße fort. Foto: SWLB

Damit die Wärmewende vorangetrieben werden kann, geht Mitte 2025 die Biomethan-Anlage Waldäcker III in Betrieb. Darin werden Biomethan und Erdgas in Strom und Wärme umgewandelt. Die Energiezentrale soll künftig circa 30 Prozent der Wärme im Ludwigsburger Verbundnetz und circa 25 Prozent des Privatstromkundenverbrauchs in Ludwigsburg decken. Die Wärmeerzeugung ist zu 80, die Stromerzeugung zu 90 Prozent erneuerbar.

Woher kommt die Energie?

Ein Großteil der Wärmeerzeugung, nämlich rund 46 Prozent, wird bei den SWLB aktuell über einen Erdgaskessel erzeugt. 26 Prozent über die Holz-Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), das bedeutet aus Holz wird ein Brenngas erzeugt, das bei der Verbrennung wiederum in Strom und Wärme umgewandelt wird. Weitere Energieträger sind Erdgas KWK, Biogene Gase und Solar (3,8 Prozent). Große Anlagen sind das Holzheizkraftwerk südlich vom Ludwigsburger Bahnhof und die Solarthermieanlage Römerhügel.

Großes Potenzial in der Region hat auch die Wärmeerzeugung durch Abwasser und Flusswasser. „Der Neckar ist nichts anderes als ein nicht endender Wärmestrom“, sagt Johannes Rager. Denn selbst wenn es im Winter draußen Minusgrade hat, der Neckar habe Plusgrade. Dafür würde man dem Fluss ein Teil des Wassers entnehmen und später circa drei Grad heruntergekühlt zurückführen.

Bei der Erwärmung des Wassers auf die benötigte Vorlauftemperatur des Fernwärmenetzes entsteht Wärme. „Die Menge an Wasser, die wir entnehmen, macht ein Bruchteil des Wassers im Neckar aus. Dadurch dass die Flüsse generell eher zu warm sind, ist das ökologisch kein Problem“, sagt Rager. Man sei derzeit in der Standortklärung.

Wie kommen Preisschwankungen zustande?

Während Kunden unter verschiedenen Strom- und Gasanbietern wählen können, halten die Stadtwerke ein Monopol auf Fernwärme. „Die Stadtwerke können fast nach Belieben abkassieren“, schreibt ein Leser verärgert der Redaktion. Der fehlende Wettbewerb sei ein Grundproblem, das wohl unlösbar bleibe. „Das sind angesichts des geplanten massiven Ausbaus der Fernwärme kostenmäßig schlechte Aussichten für den Verbraucher“, so der Kornwestheimer. Die Stadtwerke widersprechen: „Wir bestimmen den Preis nicht willkürlich. Wir richten uns an eine gesetzlich festgeschriebene Preisformel.“

Anders als viele Kunden annehmen, würden sich die Fernwärmepreise nicht parallel zu den Gaspreisen entwickeln, man unterliege einer anderen Preisfindung, in die auch Kosten neuer Investitionen einfließen, erklärt Rager. „Und es gibt nicht einen Fernwärmepreis für alle SWLB-Kunden“, sagt Sasa Janic, Mitarbeiter im Vertrieb. Jedes Gebiet habe einen eigenen Preis, weil die Fernwärme durch unterschiedliche Energieträger zustande komme. In Sonnenberg sind es beispielsweise nahezu 92 Prozent fossile Energien, in Neckarweihingen wiederum wird ein Großteil der Fernwärme durch Biomethan erzeugt.

Fernwärme – wie funktioniert’s?

Funktion
Fernwärme wird in zentralen Kraftwerken produziert und in Form von heißem Wasser über ein Netz von gut isolierten Rohren zu den Haushalten transportiert.

Kosten
Ein Hausanschluss für ein Einfamilienhaushalt mit 10 kW kostet bei den SWLB circa 15 000 Euro, dazu kommt die Installation der Übergabestation. Übrigens: Auch das Ludwigsburger Residenzschloss hat einen Fernwärme-Anschluss.