Land unter: Ein Junge sitzt am Strand des Dorfs Vunisavisavi auf den Fidschi-Inseln. Die Gemeinde ist die erste, die wegen des steigenden Meeresspiegels auf Fidschi ins Landesinnere umgesiedelt wurde. Foto: dpa

Die UN-Klimakonferenz unter der Präsidentschaft Fidschis ist ein Politereignis der Superlative. In Bonn sind 25 000 Teilnehmer akkreditiert. Ihr Ziel ist es, den Klimaschutz gegen Widerstände des US-Präsidenten möglichst schnell voranzutreiben.

Berlin - Vor zwei Jahren ist beim Klimagipfel in Paris beschlossen worden, die Erderwärmung auf höchstens zwei, möglichst aber nur 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. In Bonn gehen nun die Verhandlungen über die Umsetzung weiter. Der 23. Weltklimagipfel ist die größte internationale Konferenz, die bisher in der Bundesrepublik stattgefunden hat.

Was hat sich in den vergangenen zwei Jahren im globalen Klimaschutz getan?

Das Klimaabkommen hat sich nach dem Gipfelbeschluss vom Dezember 2015 in Paris mit Rekordgeschwindigkeit etabliert. Nicht einmal elf Monate nach der entscheidenden Sitzung in Paris ist es am 4. November 2016 in Kraft getreten, weil die vorgeschriebene Mindestzahl von Staaten beigetreten ist. Mittlerweile haben es 169 Staaten der Welt ratifiziert. Seit wenigen Tagen haben 197 Staaten unterschrieben. Das sind alle. Fidschi, der bei der Bonner Klimakonferenz die Präsidentschaft und damit die politische Führung hat, war am 22. April 2016 der erste; Syrien kam jetzt als letztes Land dazu. Dass nun alle 197 Staaten dem Pariser Abkommen beigetreten sind, ist eine einmalige Erfolgsgeschichte in der multilateralen Politik. Das Kyoto-Protokoll von 1997 hat diesen Status niemals erreicht. Allerdings wird das auch beim Pariser Klimaabkommen – wohl – nicht so bleiben. US-Präsident Donald Trump hat für die Vereinigten Staaten die Kündigung des Abkommens schon in die Wege geleitet.

Welche Rolle werden die USA jetzt in Bonn spielen?

Bisher gab es nur Spekulationen darüber, was Trump klimapolitisch auf internationaler Ebene vorhat. Das dürfte sich im Laufe der Klimakonferenz in Bonn ändern, weil seine Unterhändler erstmals konkret agieren müssen. Die Klimapolitiker warten gespannt darauf, ob sein Team eher unauffällig agieren oder offene Blockadepolitik betreiben wird. Dass sich in Bonn eine stringente Strategie offenbart, ist angesichts von Trumps Neigung zu erratischen Kurswechseln zwar nicht garantiert, aber etwas mehr Klarheit über die Absichten der US-Regierung ist schon zu erwarten.

Kann Trump den Kampf gegen den Klimawandel torpedieren?

Was man bisher über Trumps Position weiß, ist, dass er den vom Menschen gemachten Klimawandel grundsätzlich bezweifelt und auf nationaler Ebene die Gesetzgebung für saubere Energien seines Vorgängers Barack Obama aushöhlt. Er hat den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen verkündet, weil er nach eigenen Worten bessere Bedingungen für die USA aushandeln will. Weil der Austritt mit Fristen versehen ist, kann er erst Ende 2020 wirksam werden. Die Angst davor ist in den vergangenen Monaten geringer geworden. So hat zum Beispiel der deutsche Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth nach der Eröffnung des Bonner Gipfels die Erwartung geäußert, dass die USA dem Klimaabkommen irgendwann wieder beitreten werden. Außerdem hat sich in den USA ein starkes Bündnis von Einzelstaaten und Metropolen gebildet, das auf Gegenkurs zum Präsidenten geht und das Zwei-Grad-Ziel von Paris weiterhin umsetzen will. Einer der Anführer ist Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown, der zusammen mit dem Stuttgarter Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann das globale „Under Two“-Regionenbündnis gegründet hat. Auch die Europäische Union will die Zusammenarbeit mit Kalifornien und den nicht staatlichen Akteuren verstärken. Das nährt die Hoffnung, dass die Wirtschaftsmacht USA in großen Teilen trotz Trump auch künftig ambitionierten Klimaschutz betreiben wird. Außerdem ist es dem US-Präsidenten nicht gelungen, mit seiner Kündigung einen Sog zu erzeugen. Kein anderes Land hat sich ihm angeschlossen. Trump ist mit seinem Kurs nach wie vor isoliert, und der Rest der Welt ist hinter dem Klimaschutzabkommen vereinigt.

Was muss der Bonner Gipfel erreichen?

Bis zu 25 000 Politiker, Beamte und Besucher werden zur Klimakonferenz in Bonn erwartet. Die Delegationen haben das Hauptziel, die nächste Klimakonferenz in einem Jahr in Polen gut vorzubereiten. Dann soll ein Regelwerk zur Umsetzung der Pariser Klimaziele beschlossen werden. In Bonn geht es darum, klare Vereinbarungen zu treffen, damit die Klimaschutzmaßnahmen der einzelnen Staaten messbar und vergleichbar werden. Das klingt selbstverständlich, ist aber technisch anspruchsvoll.

Welche Rolle spielen die Fidschi-Inseln in Bonn?

„Wir sitzen alle im gleichen Kanu“, hat Frank Bainimarama, Premierminister von Fidschi und amtierender Präsident des Klimagipfels, bei der Eröffnung der Konferenz am Montag betont. Das ist in Bezug auf den globalen Klimawandel, der keine Region verschont, zwar richtig, doch es trifft die Sachlage nicht ganz genau: Wenn der höchste Punkt einer Insel nur zwei Meter über dem Meeresspiegel liegt, kommt der Untergang dort schneller als anderswo: Fidschi und die anderen Insulaner sitzen im Weltkanu ganz vorne. Sie treten auf Klimakonferenzen deshalb stets besonders kompromisslos für ehrgeizigen Klimaschutz in den Industrieländern ein. Da die Welt noch weit davon entfernt ist, die in Paris vereinbarten Ziele zu erreichen, hat Bainimarama schon bei der Eröffnung darauf gedrungen, „die harten Entscheidungen zu treffen, die wir treffen müssen, um uns und kommende Generationen zu schützen“. Den Gipfel in Bonn will er nutzen, „um den Job zu erledigen“.

Weil die freiwilligen Klimaschutzbeiträge, die die Einzelstaaten bisher angekündigt haben, nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen, ist im Pariser Abkommen ein „Ambitionsmechanismus“ verabredet. Sinn und Zweck dieses Instruments ist, einen Automatismus zu schaffen, damit die Staaten ihre CO2-Minderungsbeiträge, die bisher bei Weitem zu gering sind, in regelmäßigen Abständen erhöhen. Auch da sind die Details noch völlig offen – und zentral für die Erfolgsaussichten. Auch bei diesem Job will Fidschi-Premier Bainimarama vorwärtskommen.