Die Stadtwerke Stuttgart besitzen sechs Wind- und zwei Solarparks in ganz Deutschland. Weitere sollen folgen, denn deren CO2-Einsparung zahlt auf die Klimabilanz der Stadt ein.
So kurios es sich zunächst anhört: Windräder in Brandenburg und Solarpanels in Rheinland-Pfalz sind wichtige Bausteine in Stuttgarts Strategie, bis 2035 klimaneutral zu werden. Die Stadt muss laut dem maßgeblichen McKinsey-Fahrplan bis dahin rund 3,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen – etwa 500 000 Tonnen sollen durch die Erzeugung von Ökostrom außerhalb von Stuttgart erbracht werden.
Peter Drausnigg, der Technische Geschäftsführer der Stadtwerke, betont aber, dass man mit den schon konkreten weiteren Vorhaben bei mindestens 40 Prozent liege. „Zudem haben wir das Projektgeschäft massiv vorangetrieben“, sagt er. Damit könne man mehr Planungen stemmen und besitze auch mehr Einfluss bei der Umsetzung. Im McKinsey-Bericht von 2022 heißt es trotzdem, dass eine dreifache Steigerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig sei. Drausnigg ist zuversichtlich, den Hochlauf zu schaffen: „Das hängt allerdings auch von den finanziellen Möglichkeiten und von den Rahmenbedingungen der neuen Bundesregierung ab.“
Ist es sinnvoll, Windparks einfach dazuzukaufen?
Aber wie sinnvoll ist dieses Vorgehen, vor allem, wenn die Stadtwerke Windparks einfach zusammenkaufen, wie in Lieskau (Brandenburg) oder Bad Hersfeld (Hessen)? Hübscht das nicht nur die Stuttgarter Klimabilanz auf, bringt der deutschen Klimabilanz aber gar nichts? Drausnigg sieht dies nicht so. Zumindest hätten andere Stadtwerke oder Investoren dann Kapital frei für andere Projekte – insgesamt komme die Energiewende deshalb schneller voran.
Besonders Großstädte haben natürlich das Problem, dass es auf ihrer Gemarkung kaum genügend Flächen gibt für große Solarparks oder mehrere Windräder. Bis heute steht in Stuttgart deshalb nur ein einziges Windrad, der Grüne Heiner. Er soll jetzt – unter Beteiligung der Stadtwerke – durch ein weit größeres Windrad ersetzt werden. Ob die bis zu vier geplanten Windräder nahe dem Schloss Solitude wirklich kommen, ist völlig offen.
München zum Beispiel agiert ganz ähnlich wie Stuttgart, nur in weitaus größerem Stil. Zum Portfolio der Stadtwerke München gehören etwa drei Offshore-Windparks in der Nordsee, ein Windpark in der Irischen See oder ein solarthermisches Großkraftwerk in der Nähe von Granada. Allein ein Windpark in Polen mit 39 Anlagen versorgt rechnerisch doppelt so viele Haushalte mit Ökostrom wie alle Wind- und Solarparks der Stadtwerke Stuttgart zusammen.
Übrigens konnten auch nicht alle Projekte der Stadtwerke Stuttgart umgesetzt worden. So wurde ein Windpark mit ursprünglich elf Anlagen auf dem Schurwald immer weiter abgespeckt und schließlich weiterverkauft.
Viele weitere Projekte sind schon relativ konkret
Aber weitere Projekte sind schon in der Pipeline. Im Zollernalbkreis bei Hechingen könnten drei bis sieben Windräder entstehen, auch in Jettingen (Kreis Böblingen) sei der Genehmigungsantrag in Vorbereitung, so Holger Techert von den Stadtwerken. Bei Vaihingen/Enz im Kreis Ludwigsburg könnte demnächst ein bis zu 40 Hektar großer Solarpark gebaut werden, in der Nähe sind zudem mehrere Windräder im Gespräch. Noch kaum trocken ist die Unterschrift unter den Vertrag für einen Solarpark bei Ahldorf nahe Horb am Neckar. Dort könnten erstmals auch Pufferspeicher entstehen, sagt der zuständige Experte bei den Stadtwerken, Stefan Ronzani.
Ins Ausland, betont Peter Drausnigg, wollten die Stadtwerke Stuttgart aber nicht gehen mit ihren Projekten: „Eigentlich ist es schon unser Ziel, so nah wie möglich an Stuttgart dranzubleiben.“