Filderstadt ist auf dem Weg zur Klimaneutralität. Doch es ist noch Luft nach oben. Vor allem die privaten Haushalte fallen beim Energieverbrauch ins Gewicht. Foto: imago/Action Pictures

Zwischen 2014 und 2019 ist in der Stadt der Energieverbrauch gestiegen, der Ausstoß an Treibhausgasen ebenfalls, wenn auch nicht so stark. Woran liegt das?

Es war ein Wunsch, der sich nicht erfüllt hat. „Ich hätte mir auch gewünscht, wir hätten den Klimawandel gleich weg“, sagte Erster Bürgermeister Falk-Udo Beck in der jüngsten Sitzung des Technischen Gemeinderatsausschusses in Filderstadt. Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall. Die Klimaschutzmanagerin Renate Kostrewa hat dem Gremium einen Bericht über den Energieverbrauch und den Treibhausgas-Ausstoß vorgelegt, und der Vergleich zwischen 2014 und 2019 zeigt: Beides ist in Filderstadt gestiegen, wenn auch nicht gleich stark.

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Der Endenergieverbrauch ging zwischen 2016 und 2019 um sechs Prozent hoch, seit 2014 sogar um 20 Prozent. Die höchsten Steigerungen gab es demnach im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, dort nahm der Verbrauch zwischen 2016 und 2019 um elf Prozent zu, im gleichen Zeitraum sattelten private Haushalte 8,7 Prozent drauf – bei einem Bevölkerungszuwachs von „nur“ etwa 2,3 Prozent. Beim Verkehr lag die Zunahme bei fünf Prozent. Im Bereich der Industrie gab es indes eine Abnahme um vier Prozent beim Energieverbrauch.

Anteil erneuerbarer Energien steigt

Das ist alles grundsätzlich viel, allerdings muss man die Zahlen mit Vorsicht genießen. So wird laut Renate Kostrewa keine Aussage darüber getroffen, welche Art der Energie verbraucht wurde. Der Anteil erneuerbarer Energien steigt, auch in Filderstadt. Das erkennt man daran, dass zwischen 2014 und 2019 die Treibhausgasemissionen zugenommen haben, aber nicht im gleichen Maß, wie der Energieverbrauch gestiegen ist. Seit 2014 wurde ein Plus von 8,8 Prozent verzeichnet, im Betrachtungszeitraum 2016 bis 2019 waren die Emissionen aber nahezu stabil bei einem Plus von 0,6 Prozent. „Das ist gut, das heißt, dass der Strom sauberer geworden ist“, sagt Renate Kostrewa.

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Beim Thema Klimabilanz hat Filderstadt grundsätzlich ein Problem: den Flughafen. Ein Großteil der Emissionen des Airports werden der Kommune zugerechnet, und im Bemessungszeitraum haben dort der Flugverkehr und damit auch der Energieverbrauch zugenommen. Zum Vergleich: Die Treibhausgas-Emissionen sind zwischen 2016 und 2019 in der Stadt von knapp über 170 000 auf über 178 000 Tonnen gestiegen. Zieht man den Energieträger Kerosin in dieser Rechnung ab, liegen die Werte recht konstant bei 109 500 Tonnen im Jahr 2016 und 109 700 Tonnen in 2019.

Private Haushalte einer der größten Verbraucher

Auf die Schulter klopfen können sich die Filderstädter dennoch nicht. Im Gegenteil. Private Haushalte sind einer der größten Verbrauchssektoren bei der Energie, und hier liegen die Emissionswerte auch deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Während die Ausstöße zwischen 2016 und 2019 im Deutschlandschnitt von 2,4 auf 2,2 Tonnen pro Einwohner im privaten Bereich gesunken sind, ging die Zahl in Filderstadt hoch: von 2,9 auf knapp drei Tonnen pro Kopf. Bemerkenswert: Im gleichen Zeitraum sanken die Ausstöße in den Bereichen Industrie und kommunale Einrichtungen in der Stadt um 17 Prozent oder mehr.

Warum die Werte bei den Bürgern so hoch sind, kann Renate Kostrewa nur mutmaßen. Die Filderstädter hätten im Vergleich zu anderen Kommunen viele Autos. Gleichzeitig ist im Ort bei den erneuerbaren Energie noch „deutlich Luft nach oben“, sagt sie. Hier liegt Filderstadt markant unter dem Bundesdurchschnitt. So gab es bis zum Jahr 2019 im Stadtgebiet lediglich 283 Wärmepumpen, „das ist nicht viel“.

Klimaneutral bis 2032

Bei den Mitgliedern des Technischen Ausschusses kamen diese Informationen nicht gut an. „Die Zahlen sind bitter“, sagte Catherine Kalarrytou (Grüne). Sie forderte, dass künftige Gremienentscheidungen danach beurteilt werden sollten, was sie für den CO₂-Ausstoß bedeuten. Auch Walter Bauer (SPD) fand, dass Filderstadt „beschissen dasteht“. Er wünschte sich Handlungsempfehlungen. Beck betonte, es sei „keine Frage, dass wir noch aktiver werden müssen“.

Tatsächlich hat der Oberbürgermeister Christoph Traub die Latte hochgelegt, indem er jüngst das Ziel ausgegeben hat, die Stadt solle bis 2032 klimaneutral werden. Traub kommentierte die Bilanz aus der Ferne – bei Instagram. Es sei „unabdingbar, künftig in kürzeren Intervallen eine Treibhausgasbilanz von Filderstadt zu erstellen, denn auf alle Kommunen kommt eine besondere Rolle zu“, schrieb er im sozialen Netzwerk. Gleichwohl betonte Beck: „Der Klimaschutz ist keine Aufgabe, die man der Verwaltung stellt. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“