Die Gewinner des Stuttgarter Besens 2025 Foto:  

Im Renitenztheater ist der Kleinkunstpreis Stuttgarter Besen verliehen worden. Gewonnen hat unter anderem die Österreicherin Michaela Obertscheider.

Juryentscheidungen müssen häufig Proporzentscheidungen sein. Insofern hat die Jury des Stuttgarter Besens unter dem Vorsitz von Mathias Richling alles richtig gemacht – aber sie konnte auch nicht so viel falsch machen. Die acht Kandidaten für „den wichtigsten Kleinkunstpreis Deutschlands, der Welt, des Universums“, so der Moderator Florian Schroeder, fünf Männer und drei Frauen, kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und gewonnen haben Österreich, Deutschland und die Schweiz, zwei Frauen und zwei Männer, dazu noch gut verteilt zwischen Kabarett und Comedy.

 

Alles gut also? Ja, kann man so sagen. In der Summe bietet der Wettbewerb, in dem jeder Künstler in 15 Minuten alles geben muss, einen sehr abwechslungsreichen Abend. Alice Köfer aus Berlin hat die etwas undankbare Aufgabe, als Letzte auf die Bühne zu kommen. „Könnt ihr noch? – hab ich mich die letzten vier Stunden gefragt.“ Und sagt sich: „Wenn man Namen tanzen kann, kann man Wärmepumpen auch singen“ – und macht’s. Mit Edith Piaf als Kompressor, Barbra Streisand als Kondensator, Cyndi Lauper als Expansionsventil und Carla Bruni als Verdampfer.

Liebesspiel oder Musterung?

Nicht minder atemlos ist Max Beier aus München, der sich mit seinen ebenso etwas konstruiert wirkenden Wortspielen in Rage reden kann. Von privat mit „wenn ich mit meiner Chefin schlafe, ist das dann Berufsverkehr“ bis politisch mit Christian Lindner, einem „Glühwürmchen, das mit dem Berufswunsch Flutlicht angetreten ist“.

John Smile geht mit vollem Körpereinsatz und manchmal auch unter der Gürtellinie ans Werk. Er ist „im Herzen Österreicher, aber äußerlich Afrikaner“ und kommt aus Wien, „der hässlichsten und unfreundlichsten Stadt der Welt“, wobei ihm zu Frankfurt und Berlin auch nicht nur Schönes einfällt. Eher verkopft ist die Performance von Sven Garrecht aus Seligenstadt, der als Liedermacher souverän das Stilmittel der romantischen Ironie einsetzt. Sein Song „Jung und dumm“ klingt wie ein Liebesspiel und entpuppt sich am Ende als Musterung.

Nun aber zu den Preisträgerinnen, denn ja: die Frauen liefern. Jane Mumford aus der Schweiz thematisiert Reliquienschwindel und Verschwörungstheorien mit der bösen Erkenntnis, dass in der Schweiz viele Probleme von Nazigold bis Flüchtlingskrise mit Beton gelöst werden. Zudem hat sie die originellste Antwort auf Florian Schroeders Frage, warum ausgerechnet sie einen Besen verdiene. „Weil wir statistisch gesehen mehr verdienen.“ Platz drei mit dem hölzernen Besen!

Gemeinheiten über Pullunder-Kinder

Der goldene Besen geht an Michaela Obertscheider. Als Jahrgang 1969 ist sie „die älteste Nachwuchskabarettistin Österreichs“, die auch als Kreativitätstrainerin einiges draufhat. Die kleinen Gemeinheiten über Pullunder-Kinder in ihrer Klosterschule oder die Ergebnisse des Workshops gewaltfreie Kommunikation sind mit selbstironisch dominantem Auftreten ebenso wenig genretypisch vordergründig, sondern hintersinnig und doppelbödig. Die mehrheitsfähige Wahl für den silbernen Besen fällt auf Cüneyt Akan aus Wiesbaden beziehungsweise Gießen. Das Spielen mit kulturellen Klischees ist zwar generell nicht so originell, aber doch immer wieder heiter, etwa wenn der Besuch aus der Türkei beim deutschen Abendbrot auf das richtige Essen wartet.

Auch die Zuschauer haben nicht nur für die Fernsehaufzeichnung vieles richtig gemacht und sich beim Gerhard-Woyda-Publikumspreis für Matthias Ningel entschieden, der Musikhochschuldozent in Mainz und Dresden ist. Mit Charme und gut bei Stimme demonstriert er virtuos eine Kombination aus Keyboardspiel, Singen und Beatboxen, für das er im Text möglichst viel „B“, „T“ und „Pf“ braucht. Die „Bettpfosten-Betty“ soll ihm die Pflaumen vom Baum pflücken – und zockt ihn doch nur ab. Von den insgesamt 8200 Euro Preisgeld, das von der Stadt Stuttgart gestiftet ist, kann er sich wenigstens 1700 Euro sichern.

Besen im Fernsehen. Der SWR strahlt den Wettbewerb am 20. April um 22.50 Uhr aus, dazu zwei Best-ofs: den goldenen und den silbernen Besen am 3. Juni um 22.30 Uhr, den Publikumspreis und hölzernen Besen am10. Juni um 22.30 Uhr.