Verbinden Tradition und Modernes Nico und Katharina Cheung. Foto: Nina Ayerle

Nico Cheung und seine Frau Katharina führen das Cash und Carry an der Seyfferstraße 27 in zweiter Generation.

S-West - In Asien, da könne man sich stundenlang in einem Laden aufhalten, bis man rausgefunden hat, was der Händler alles verkauft. „Manchmal lauf ich da in einen Laden und denke ‚Um Gottes Willen, weiß der, wo seine Ware ist?’“, sagt Katharina Cheung. Weil alles in unzähligen Schachteln verpackt ist, die oft bis unter die Decke gestapelt sind. Die 33-Jährige aus dem Westen liebt diese traditionellen asiatischen Läden. Auch deshalb haben sie und ihr Mann Nico in ihrem eigenen Asia-Laden 27 diesen Stil beibehalten.

Seit 25 Jahren ist der Laden von Nico Cheungs Familie in dem Eckhaus an der Seyffer-/Rotebühlstraße, voriges Jahr hat Cheung ihn von seinen Eltern übernommen. Natürlich habe man die Räumlichkeiten ein wenig angepasst. „Aber von dem Ur-Flair wollten wir nie weg“, ergänzt seine Frau Katharina. Dabei gehe der Trend im Einzelhandel woanders hin: „Der Style-Faktor ist immens wichtig.“

Wie hebt man sich ab von den Großen? Mit guter Beratung und Nischenprodukten

Doch es hebt sie ab – von größeren Ketten, von Supermärkten, die längst zuhauf Asia-Produkte im Angebot haben. Als Einzelhändler braucht man eine gute Strategie, um überleben zu können. Die Familie Cheung hat da noch Glück: authentisch- asiatische Produkte gibt es nicht an jeder Ecke. „Neben Asiaten kommen auch viele Deutsche, die durch Asien gereist sind und nun spezielle Produkte suchen“, sagt Katharina Cheung. Und das ist auch ihr Alleinstellungsmerkmal: die Beratung.

Der Schwiegervater ist Koch, sie koche selbst auch sehr gerne. „Da können wir natürlich viele Tipps für Rezepte geben“, sagt Cheung, die eigentlich Versicherungswirtschaft studiert hat, seit der Geburt ihres Kindes aber im Laden mitarbeitet. „Wichtig ist, immer neue Ideen zu haben“, sagt sie. Kochkurse, Rezepte, Belieferung von Restaurants oder Privatpersonen, die nicht in Stuttgart wohnen. Und: eine WhatsApp-Gruppe für die Stammkunden. „Da informieren wir viel über Neuheiten und Produkte, die wir gerade so da haben“, sagt Katharina Cheung. Vieles komme ja einmal um die Welt. „Wir recherchieren schon auch sehr viel, was die Leute gerade so wollen“, sagt die Händlerin.

Viele Einzelhändler klagen seit Jahren über sinkende Umsätze. Die Konkurrenz durch große Ketten und Online-Shops ist groß. Die vielen Leerstände in der Innenstadt zeigen auch: für viele lohnt sich so ein einzelner Laden ja gar nicht mehr. Das liegt zum Teil auch an den hohen Mieten. „Die Bürokratie wird leider ebenso von Jahr zu Jahr schlimmer“, sagt Cheung. Verpackungs- und Pfandgesetz und so weiter. Früher hätten sie zum Beispiel eine Dame gehabt, die asiatische Snacks und Süßigkeiten für sie gebacken habe, erzählt Katharina Cheung. „Das dürfen wir nicht mehr verkaufen, weil sie daheim backte und nicht in einer ausgewiesenen Gastroküche.“

Die Eltern kannten noch den Preis von jedem Produkt

Das wäre zu Zeiten seiner Eltern alles noch etwas einfacher gewesen, sagt ihr Ehemann Nico, 35, der kaum Zeit für ein Gespräch hat, weil die Kasse nicht funktioniert an diesem Vormittag. „Das war für meine Mutter auch noch einfacher“, erzählt er. Er habe den höchsten Respekt vor ihr: „Die kannte tatsächlich alle Preise noch auswendig.“

Früher sei man mit so einem Laden natürlich total exotisch gewesen, sagt er. Seit fünf Jahren hilft er im Laden mit, davor hat er Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Einzelhandel in Stuttgart und Nürtingen studiert. Für ihn war immer klar, dass er den Laden übernehmen werde. „Ich habe erst mal alles umgeschmissen“, sagt er und lacht. Aber halt nicht alles, wie eben den gemütlich-verschachtelten Laden.

Seine Eltern, die von Hongkong über London nach Stuttgart kamen, waren mit die ersten Asiaten in Stuttgart, die ein Restaurant, dann einen Imbiss und einen Asia-Laden eröffnet hatten. Das hat der Familie in den letzten zwei Jahrzehnten viele Stammkunden beschert. Und das zeigt sich dann doch: Einzelhändler, die auf Nischen setzen, haben es manchmal leichter. Katharina Cheung will deshalb auch keineswegs klagen: „Wir können als Familie gut leben.“