Trostlos und nicht artgerecht: Kaninchenstall aus dem Kleinbottwarer Privatzoo. Foto: Tierheim Ludwigsburg

Ein tot aufgefundener Kleintier-Sammler aus dem Steinheimer Stadtteil Kleinbottwar beschert Ludwigsburger Tierschutzverein viel Arbeit.

Ludwigsburg - Nach dem plötzlichen Tod eines privaten Kleintier-Sammlers laufen im Ludwigsburger Tierheim die Telefone heiß: Der rüstig wirkende, aber offenbar seit Jahren schwer kranke Rentner aus dem Steinheimer Stadtteil Kleinbottwar hatte in seiner Wohnung und auf einem Gartengrundstück im Ort etwa 250 Tiere aller Größen und Arten gehortet. Jetzt müssen sich die Mitarbeiter des Vierbeiner-Asyls um eine adäquate Unterbringung der gackernden, mümmelnden und gurrenden Hinterlassenschaft kümmern.

Der Kleinbottwarer Rentner hatte allein 68 Stallkaninchen in kleine Einzelkäfige gepfercht. Auch 35 Hühner, zwei Pfauen und etwa 15 Tauben zählten zum Privatzoo des Verstorbenen. Außerdem listet der Stutt-garter Christoph Bächtle, Vizechef im Ludwigsburger Tierschutzverein, zahlreiche Wellensittiche, Zierfinken und Nymphensittiche sowie Truthühner und mehrere Zwergwachteln auf. In diversen Aquarien tummelten sich ferner etwa 45 Zierfische – zum genauen Zählen fehlte den Tierheim-Mitarbeitern bisher schlichtweg die Zeit.

„So extreme Fälle von Animal Hoarding wie in Kleinbottwar stellen uns vor große Probleme. Die große Zahl der Tiere übersteigt bei weitem unsere personellen und räumlichen Kapazitäten“, stöhnte die Tierheim-Leiterin Ursula Gericke am Montag über das unerwartete Erbe. Informiert und um Hilfe gebeten worden war der Tierschutzverein vom Bruder des bereits in der vergangenen Woche tot aufgefundenen Rentners – er war offenbar schon mit dem Füttern der Tiere und der Reinigung der zahlreichen Käfige heillos überfordert.

Ohne Abnehmer wächst Betreuung des Privatzoos auch Tierheim schnell über Kopf

Mitarbeiter des Tierheims brachten im Pendelverkehr zunächst die Vögel aus der Wohnung des Verstorbenen nach Ludwigsburg. Das im Garten gehaltene Geflügel und die Kaninchen wurden in den ersten Tagen auch mit Hilfe von Nachbarn an Ort und Stelle versorgt. Einen Teil der Kleintiere hat der Tierschutzverein über sein Netzwerk schon in Reutlingen und im Tierheim Stuttgart untergebracht.

Privatpersonen haben ihre Unterstützung zugesagt und einzelne Tiere zur Pflege übernommen. „Wir hoffen, dass wir die Neuzugänge schnellstmöglich vermitteln können – aber ausschließlich an Tierfreunde, die sie auch artgerecht halten“, betont Ursula Gericke. Ohne Abnehmer wächst die Betreuung des Privatzoos nämlich auch dem Tierheim schnell über den Kopf. Normalerweise werden am Kugelberg etwa 135 Hunde, 110 Katzen, 150 Kleintiere, einige Schafe und zwei Pferde betreut. Und: Allein die Tierarztrechnung für die nötige Kastration etwa der Kaninchen wird von Gericke mit gut 50 Euro veranschlagt – pro männlichem Tier versteht sich. Pflanzen sich die Rammler fort, wird das Tierheim der Lage nämlich gar nicht mehr Herr.

Jährlich vier Fälle von krankhafter Sammelleidenschaft

Dass Menschen aus falsch verstandener Tierliebe oder krankhafter Sammelleidenschaft keine Grenzen mehr kennen, kommt übrigens gar nicht so selten vor. Die Ludwigsburger Tierheim-Chefin spricht von etwa vier Fällen im Jahr, bei denen die Einrichtung gleich dutzendweise Vierbeiner oder Federvieh in Obhut nehmen muss. Erst vor zwei Wochen hat Ursula Gericke etwas 40 Wellensittiche aufgenommen, deren Besitzer ebenfalls verstorben war. Im Oktober 2012 brachten die Mitarbeiter nach einer Räumungsklage in Bönnigheim einen Hund und acht völlig verwahrloste Katzen ins Tierasyl, aus Ditzingen zogen vergangenen Sommer 75 Kanarienvögel, Zebrafinken und Zwergwachteln ein. In Marbach am Neckar wiederum gibt es einen Haushalt, aus dem im Lauf von eineinhalb Jahren mehr als 40 Katzen ins Tierheim geliefert wurden.

In Fachkreisen ist das Phänomen unter dem Begriff „Animal Hoarding“ bekannt. Als Krankheit psychologisch untersucht wird es allerdings erst seit zwei Jahrzehnten.