Einst Stammspieler, dann außen vor, nun vor einer neuen Chance: Florian Klein soll beim VfB den verletzten Kevin Großkreutz ersetzen. Foto: Bongarts

Die VfB-Defensive hat sich unter Trainer Kramny stabilisiert. Das 3:3 in Ingolstadt zeigte aber auch: Es braucht nicht viel, um für Verunsicherung zu sorgen. An Florian Klein ist es nun, den Schaden nach dem Großkreutz-Ausfall gering zu halten.

Stuttgart - Es ist noch gar nicht lange her, da schob Jürgen Kramny die großen Gesten noch weit nach hinten. Der Trainer des VfB Stuttgart hat Nationalspieler in seinem Kader, die einerseits Spielpraxis brauchen, um sich für die EM zu empfehlen oder ihren Stammplatz in der Auswahlmannschaft ihres Landes zu festigen. Andererseits gehören sie beim Chefcoach der Roten nicht zum auserwählten Personal für die erste Elf. Auf die Österreicher Martin Harnik und Florian Klein trifft das zu, ebenso auf Alexandru Maxim, den Rumänen. Kramny weiß um die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit, er weiß aber auch, was seine Priorität sein muss. Also versprach er: Ist der VfB erst einmal endgültig vor dem Abstieg gerettet, kann auch wieder auf Einzelschicksale Rücksicht genommen werden. Bei Florian Klein geht das nun schneller als gedacht.

Wobei: Dass der österreichische Außenverteidiger wohl schon an diesem Sonntag (15.30 Uhr) gegen Bayer Leverkusen wieder zur Startelf gehört, ist weniger Kramnys Großzügigkeit zu verdanken als vielmehr der Verletzung von Kevin Großkreutz. Der Weltmeister hat sich beim 3:3 in Ingolstadt einen Muskelbündelriss zugezogen und fehlt dem VfB für den Rest dieser Saison. Also schlägt die Stunde von Florian Klein.

Der Nationalspieler war hinten rechts lange Zeit erste Wahl, dann kam Großkreutz, der Aufschwung des VfB setzte sich fort, die Stabilität insgesamt wuchs immer mehr, die Rädchen griffen meist perfekt ineinander. Droht nun also wieder ein Rückschritt in die Zeiten der Unsicherheit?

Man würde Florian Klein Unrecht tun, solche Überlegungen allein mit ihm zu verbinden. Der Österreicher ist kein Rastelli, aber immerhin ein recht zuverlässiger Zeitgenosse, der im Hinspiel in Leverkusen zwar seine liebe Mühe hatte mit Nationalspieler Karim Bellarabi, ansonsten aber solide seinen Dienst verrichtet. Andererseits hat das Auswärtsspiel am vergangenen Samstag in Ingolstadt gezeigt: Es braucht noch immer nicht viel, damit der VfB Stuttgart seine Stabilität verliert.

Partie gegen Leverkusen wird der nächste Härtetest

Beim Aufsteiger reichte die aggressive und unkonventionelle Art des Pressings, dass bei den Roten schnell unklar war, wie man dem ganzen Getue begegnen soll. Gepflegter Spielaufbau? Oder die Bälle lang und weit nach vorne schlagen? Die Folge dieser Unentschlossenheit: Zahlreiche Fehlpässe, ein desorientiertes Mittelfeld und viele Fouls, die zu brandgefährlichen Standards des Gegners führten. „Das hätten wir teilweise anders lösen müssen“, beklagte Kramny, Niedermeier ergänzte: „Wir hatten irgendwann nicht mehr das Selbstvertrauen, um hinten rauszuspielen.“ Als der Abwehrchef dann noch Gelb-Rot gefährdet gegen den an Wettkampfpraxis und Abstimmung mit den Nebenleuten leidenden Toni Sunjic ausgetauscht wurde, war die Unsicherheit komplett. Der FC Ingolstadt hatte die riesengroße Möglichkeit auf das 4:1 – ein Comeback des VfB zu einem Unentschieden wäre dann utopisch gewesen.

So aber bleibt vor allem das sagenhafte Comeback in Erinnerung. „Wenn man nach einem 1:3 noch einmal zurückkommt, ist es ein Zeichen, was in der Mannschaft steckt“, sagte Niedermeier. Jürgen Kramny meinte: „Wir nehmen das Positive mit.“ Gedanken an die Defensivleistung können aber auch nicht schaden, zumal der VfB in zwei der vergangenen drei Spielen nicht wirklich stabil wirkte – beim 0:4 in Gladbach und eben in Ingolstadt. Beide Spiele haben gezeigt: Funktioniert das Miteinander von Mittelfeld und Abwehr nicht optimal, bleiben die Roten anfällig für Gegentore.

Die Partie gegen Bayer Leverkusen wird der nächste Härtetest. Bis Sonntag hat die dann neu formierte Abwehr samt ihrer Vorderleute Zeit, sich einzuspielen. Sie sollte sie nutzen.