Unbekannte haben am 11. Januar eine Kleiderstange unter der Paulinebrücke aufgestellt. Hier kann jeder seine ausgedienten Wintersachen abgeben – und damit Frierenden etwas Warmes zum Anziehen schenken. Foto: Facebook RalfE.Neipp/Screenshot

Stuttgart bibbert bei eisigen Temperaturen - doch nicht alle Menschen haben etwas Warmes zum Anziehen. Eine besondere Hilfsaktion zeigt, wie einfach sich das Problem lösen lässt: mit einer Kleiderstange an einer belebten Straße.

Stuttgart - „Dir ist kalt? Nimm etwas Warmes! Du willst helfen? Lass etwas da!“, steht auf einem abgerissenen Stück Pappkarton geschrieben. Das Schild ist an einer Kleiderstange befestigt, an der warme Kleidungsstücke hängen. Sie steht direkt unter der Paulinenbrücke – einem bekannten Treffpunkt für Obdachlose – in der Tübinger Straße, zwischen St. Maria Kirche und dem Gerber.

Nachbarschaftshilfe verbreitet sich auf Facebook

Ralph Neipp (51), ein Mediengestalter aus Trossingen, hat die Stange auf seinem Heimweg entdeckt, kurzerhand seine alten Wintersachen aussortiert und sie an die Stange gehängt. „Meine aussortierte warme Winterjacke, Handschuhe und Mütze wurden sofort von einem Frierenden angezogen ... Mal sehen, ob die anderen von mir hinterlegten Sachen Abnehmer finden“, schreibt er in einem Facebook-Post, der schon mehr als 590 Mal (Stand 16. Januar, 12 Uhr) geliked wurde.

Wer hinter der Aktion steckt und die Stange dort aufgestellt hat, weiß Neipp allerdings nicht. In anderen Orten gab es bereits ähnliche Aktionen - etwa vor einem Kleidungsgeschäft in Villingen-Schwenningen.

Sichtlich froh und zu Tränen gerührt

Wie dringend bei diesen eisigen Temperaturen die rund 3 700 Obdachlose in Stuttgart warme Kleidung benötigen, das zeigt eine Begegnung Neipps mit einem der Abnehmer. Der Mann habe ihn dazu bewegt, die Kleiderstange regelmäßig neu zu bestücken: „Der halb verfrorene Mann, der meine dicke Winterjacke gleich von meinem Arm aus angezogen hat, war sichtlich froh und zu Tränen gerührt“, erinnert sich Neipp. Der Mann habe ihm erzählt, dass er seit zehn Jahren nur eine dünne Winterjacke besitze, die er täglich trage.

Seit seinem Post auf Facebook hat die Aktion offenbar die Runde gemacht, und Neipp beobachtet, dass die Stange oft überfüllt ist. „Wer helfen will und sieht, das die Stange schon voll ist, sollte seine Sachen einfach woanders spenden, Bedürftige gibt es genug.“