Die Helfer sortieren beim Roten Kreuz in Schorndorf gebrauchte Kleider Foto: Gottfried Stoppel

Welche Kleidung bekommen Flüchtlinge, wenn Sie im Rems-Murr-Kreis ankommen? Antwort: Gute gebrauchte Anziehsachen, um deren Wiederverwertung die Ehrenamtliche des Deutschen Roten Kreuzes aus Schorndorf verdient machen.

Schorndorf - Wenn ein Kleinbus am frühen Abend auf dem Hof der Rotkreuzgeschäftsstelle in der Schorndorfer Lortzingstraße vorfährt, wissen die dortigen Helfer, dass sie ihre Kleidung gleich an den Mann und die Frau bringen. An diesem Nachmittag ist es eine siebenköpfige Flüchtlingsfamilie, die Obdach im Haghof bei Alfdorf gefunden hat. Vater, Mutter, drei Mädchen und ein Junge, das älteste Kind kaum acht oder neun Jahre alt, dazu noch ein Baby im Tragesitz. „Für das Kleine brauchen wir dringend eine Mütze“, sagt Harald Bergmann. Der Fahrzeugwart hat die Familie von Alfdorf nach Schorndorf gebracht.

Birgit Kralisch und Nina Leo, zwei Ehrenamtliche, bringen die Familie in einen Raum, in dem eine große Theke steht. Die beiden Helferinnen mustern die Kinder, zur Kontrolle schauen sie auf deren Wäscheaufnähern nach. „Die Größen erkennt man mit der Zeit“, sagt Birgit Kralisch. Dann verschwinden die beiden Frauen in zwei Räume, kommen mit Kleiderpacken zurück, die sie den Kindern zeigen. „Do you like this one?“, zu Deutsch „Magst du das?“, fragen sie. Die Kinder lächeln, mal nicken sie, mal schütteln sie den Kopf. Die Familie wird am Ende mit einem Wäschekorb voller Kleidung den Raum verlassen.

Rund 6000 Flüchtlinge habe man in der Schorndorfer Kleiderkammer auf diese Weise bereits eingekleidet, sagt Birgit Kralisch. Das Ganze begann am 24. August des vergangenen Jahres. „Die Polizei hat damals bei uns angerufen und gefragt, ob wir drei entlassene Häftlinge einkleiden könnten“, erzählt sie. In Schorndorf sammelt das Rote Kreuz traditionell Alttextilien, im großen Stil sortiert und aufbereitet wurde die Kleidung damals noch nicht.

Birgit Kralisch, die eigentlich hauptamtlich für das Rote Kreuz in Waiblingen Kurse organisiert, machte sich daran, nach Feierabend aus der Sammelstelle eine Kleiderkammer zu machen. Auf alten Fotos, die dort hängen, sieht man, wie in den Schorndorfer Fahrzeughallen Biertische aufgebaut und die Kleidung darauf ausgebreitet wurde. Das gute Dutzend Ehrenamtlicher, das dies leistet, entwickelt immer mehr Routine. Die Helfer richteten ein Lager ein, in dem streng nach Größe und Jahreszeiten sortiert wird. Sie ordneten auch die Ausgabe und entwickelten klare Regeln: „Die Erwachsenen können sich eine Hose, ein Sweatshirt und je nach Jahreszeit eine Jacke aussuchen“, sagt Birgit Kralisch. Die Helfer kontrollieren am Ende, ob jeder die richtige Menge hat. Nur für Kinder dürfe man mehr Kleidungsstücke mitnehmen – ihr Kleidungsbedarf ist einfach größer.

Von den sinkenden Flüchtlingszahlen spürt man in der Schorndorfer Kleiderkammer zurzeit noch nichts. Monat für Monat werden weitere Menschen dem Rems-Murr-Kreis zugewiesen, das Einkleiden der Bewohner vom Haghof beispielsweise hat gerade erst begonnen. „Wir könnten auf jeden Fall noch Helfer gut gebrauchen“, sagt Birgit Kralisch. Viele, die jetzt dort arbeiten, kamen zur Kleiderabgabe vorbei – und blieben schließlich auf Dauer. Über Zeiten und die Einsatzgebiete dürfe jeder, der komme, selbst entscheiden. „Es geht sehr familiär bei uns zu“, sagt die Organisatorin. An den Samstagen bleibe auch Zeit für das gemeinsame Kaffeetrinken.