50 Jahre Altstadtfest feiern die Waiblinger am Wochenende. Klaus Riedel war jedes Mal dabei und mittendrin – und kam dennoch nie zum Feiern.
Vor dem Feiern kam die sehr steile Kellertreppe. Die musste man hinunter, um an den Ort zu kommen, der als „Löffler-Keller“ noch heute vielen in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) ein Begriff ist. Der Name steht für legendäre Feste und Partystimmung mit Jazzbands wie beispielsweise den Flat Foot Stompers und ihrem Frontmann Peter Bühr. Beim Waiblinger Altstadtfest, das am Wochenende in sein 50. Jahr geht, war der schöne alte Gewölbekeller von Gerhard Löffler eine wichtige Anlaufstelle.
„Die Bierfässer mussten anfangs einzeln in den Keller getragen werden“, erinnert sich Klaus Riedel. In Sachen Altstadtfest ist der 79-Jährige ein Mann der ersten Stunde. Im Jahr 1975, dem Gründungsjahr des von den Waiblinger Vereinen getragenen Volksfests, kam Klaus Riedel in den Vorstand des SKV Waiblingen, der mit dem VfR Waiblingen und der Fußballabteilung des VfL Waiblingen zum FSV Waiblingen fusionierte. Nach einem halben Jahrhundert als Vorsitzender hat sich Klaus Riedel vor kurzem aus seinem Amt verabschiedet. Beim Altstadtfest wird er aber wie gewohnt kräftig mitmischen.
50 Jahre Altstadtfest werden am Wochenende gefeiert – und Klaus Riedel war jedes Mal dabei. „Ich habe aber trotzdem kein einziges Altstadtfest gefeiert“, sagt er und lacht: „Ich habe immer geschafft.“ Der Vater des Altstadtfests war der Bürgermeister Hans Wössner. Er hatte mit Blick auf andere Städte und deren Straßenfeste die Vereine zusammengetrommelt. „Kriegen wir das auch hin?“, wollte er wissen. Na klar war die Antwort – und so ging es los.
Anfangs gab es dekorierte Weinlauben
„Anfangs hatte jeder Verein sein Plätzle und eine klassische Weinlaube aus dicken Kanthölzern. Die Stadt hat Grün aus dem Wald für die Dekoration dazu beigesteuert“, erinnert sich Klaus Riedel. Gefestet wurde 1975 nur halb so lang wie heute, nämlich anderthalb Tage: „Das erste Altstadtfest ging erst Samstagmittags los.“ Es waren halt andere Zeiten. Der Marktplatz diente den Waiblingern noch als Parkplatz, eine Fußgängerzone gab es nicht.
Auch sonst hat sich manches verändert, für Klaus Riedel nicht in jedem Falle zum Besseren. „Der größte Wandel beim Altstadtfest ist der Verlust an Kultur“, findet der Waiblinger: „Früher gab es beim heutigen Haus der Stadtgeschichte eine Kulturbühne, auf der Theater gespielt wurde, außerdem viele Sportdarbietungen der Vereine und sehr viel Livemusik.“
Stadt erhebt Gebühr für reine „Konservenmusik“
Auf den sinkenden Anteil an Livemusik reagiere die Stadt in diesem Jahr erstmals mit einer Gebühr, berichtet Klaus Riedel: „Wer nur Musik aus der Konserve spielt, muss 500 Euro an die Stadt abtreten. Das Geld soll ins Budget für die Livebühnen fließen.“ Sein Verein, der FSV Waiblingen, kooperiert in Sachen Livemusik und Bewirtung seit Jahren mit der Feuerwehr auf dem Rathausplatz. Der legendäre Löffler-Keller als Treffpunkt beim Altstadtfest ist längst Geschichte. Der Gewölbekeller hatte keine Toilette – was natürlich zu Problemen mit der Nachbarschaft führte. Zwar schmiedete man Pläne für einen Umbau, umgesetzt wurden diese aber nie.
Der Jazzkeller habe sich auch nicht rentiert, erzählt Riedel: „Die Leute saßen ewig unten, der Umsatz ging immer mehr zurück. Eigentlich hätte man Eintritt verlangen müssen.“ Ein bisschen Wehmut schwingt mit, wenn Klaus Riedel von den Bierfässern erzählt, die von Hand nach unten geschafft und angezapft wurden. „Irgendwann war der Lehmboden im Keller von Bier getränkt, man stand regelrecht im Sumpf. Aber es war eine grandiose Stimmung.“
Die Wirte durften erst nicht mitmachen
Die Vereine einigten sich auf einen Richtpreis für die Halbe und die Grillwurst – und der wurde dann auch eingehalten. Professionelle Gastronomen durften ursprünglich nicht mitmischen, das Altstadtfest war Vereinsache. „Hans Wössner war da knallhart“, sagt Klaus Riedel. In den ersten Jahrzehnten seien die gastronomischen Angebote der Migrantenvereine etwas Besonderes gewesen – damals gab es nicht an jeder Ecke internationale Speisen. Doch mancher Verein hat sich ausgeklinkt – weil die Mitglieder immer älter werden und der ehrenamtliche Nachwuchs, der sich kontinuierlich engagiert, fehlt. „Früher haben die Leute rund um das Altstadtfest Urlaub genommen, um auch beim Auf- und Abbau zu helfen. Das ist heute kaum noch der Fall.“
Klaus Riedel macht kein Geheimnis daraus, dass es ohne die Unterstützung der Stadt Waiblingen, die beispielsweise weder Strom noch Wasser in Rechnung stellt, kein Altstadtfest geben würde. „Auch ohne die Arbeit der Stadtwerke, des Bauhofs und der Bereitschaft des Roten Kreuzes wäre das Fest nicht machbar.“ Wie lange der FSV Waiblingen noch mitmischt, lässt der langjährige Vorsitzende offen: „Aber dieses und kommendes Jahr sind wir auf jeden Fall noch dabei.“