Brigadegeneral Markus Kreitmayr und der Calwer Oberbürgermeister Florian Kling: ein „größeres Miteinander in der Stadt“. Foto: BUND/OSA PAULE

Gewöhnlich schottet sich das Kommando Spezialkräfte in Calw nach Kräften ab. Doch nach all den Vorwürfen von Rechtsextremismus im KSK spricht der Kommandeur Markus Kreitmayr beim Neujahrsempfang Klartext – auch an die Elitesoldaten.

Calw - Es sind keine guten Zeiten für das Kommando Spezialkräfte (KSK). Der Verdacht, ein Teil der Elitesoldaten könnten dem Rechtsextremismus eine Heimat bieten, erhält immer neue Nahrung – zuletzt durch Zahlen des Militärischen Abschirmdienstes oder, wie diese Woche, durch Durchsuchungen der Polizei bei einem früheren KSK-Soldaten. Der sonst von oben zu großer Zurückhaltung verpflichtete Kommandeur Markus Kreitmayr nutzt daher eine der seltenen Gelegenheiten, den Neujahrsempfang in Calw, um in die Offensive zu gehen.

 

Vor 450 teils hochrangigen Gästen sagt der Brigadegeneral jedweden rechtsextremistischen Bestrebungen den Kampf an: Auf der Grundlage der MAD-Ermittlungen werde die Verfassungstreue des Verbandes „in einer ganzen Reihe von Fällen betroffener Soldaten bezweifelt“ – er möchte aber „klar zum Ausdruck bringen, dass derartige Verfehlungen im Kommando Spezialkräfte in keinem einzigen Fall toleriert werden“, betont Kreitmayr.

Fuchtel mahnt die Gegner des Absetzgeländes

Der Militärgeheimdienst geht derzeit rund 550 Verdachtsfällen nach – davon gut 20 aus dem KSK. Rechtsextremismus habe dort keinen Platz, und „jeder einzelne Fall ist für uns einer zu viel“, sagt der Kommandeur. Beschädigt werde der Ruf und das Vertrauen in die Soldaten, aber auch das Selbstverständnis treuen Dienens. „Die Moral der Truppe ist dadurch bedroht.“ Jeder Einzelne müsse sich auf der Basis des Diensteides und des Soldatengesetzes „aus voller Überzeugung, in und außerhalb des Dienstes, in und ohne Uniform gesetzestreu, vorbildlich und aktiv für die Verfassung einsetzen“.

Für diese deutlichen Worte an die eigenen Reihen hat der Kommandeur zweifellos die Rückendeckung der Verteidigungsministerin. Es sei sein Anspruch, vollständig aufzuklären, sagt er. Mit anderen zuständigen Stellen wie dem MAD werde offen und transparent zusammengearbeitet, nachgewiesenes Fehlverhalten werde „konsequent geahndet“. Zugleich warnt Kreitmayr aber vor der Verallgemeinerung auf alle KSK-Angehörigen.

Das Ziel einer „Nulltoleranzpolitik gegenüber extremistischen Bestrebungen“ unterstreicht für die Bundesregierung auch der CDU-Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel. Dann kommt er auf ein Thema, das dem KSK weiteren Verdruss bereitet: das Segelfluggelände zwischen Haiterbach und Nagold, das als Ersatz für das Fallschirmspringer-Absetzgelände in Renningen in Aussicht gestellt wurde, das aber auch schon eine Bürgerinitiative auf den Plan gerufen hat. „Das Land steht in der Verantwortung, einen hinreichenden Ersatz zur Verfügung zu stellen“, hatte zuvor der Kommandeur betont. Fuchtel warnt die Gegner vor einer Politik nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Das KSK tue alles, um dort nur zu üben, was geübt werden muss. Das Gelände dürfe aber nicht Hunderte Kilometer entfernt, sondern müsse in „erreichbarer Nähe“ sein. Kurzum: Die „emotionale Diskussion“ werde der Dimension des Vorhabens in der Sache nicht gerecht, rät Fuchtel zum Abrüsten.

140 Millionen Euro für Infrastrukturmaßnahmen

Der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium weiß auch Positives zu berichten: In den nächsten fünf Jahren würde die Bundeswehr fast 140 Millionen Euro für Infrastrukturmaßnahmen am Standort aufwenden, nachdem in den vergangenen fünf Jahren schon 40 Millionen Euro ausgegeben worden seien. In Kürze soll die Multifunktionale Trainingshalle – ein Vorzeigeprojekt der Bundeswehr – eingeweiht werden, die für ebenso 40 Millionen Euro in der Kaserne errichtet wurde. „Wenn so viel investiert wird, ist das eine Bleibegarantie“, freut sich Fuchtel.

Etwa 1200 KSK-Soldaten zählen zum Standort. Für sie fühlt sich insbesondere der neue Calwer Oberbürgermeister Florian Kling zuständig, der selbst zwölf Jahre Offizier war – wenngleich in der Schlussphase bis Oktober 2019 als Sprecher des Bundeswehr-kritischen Arbeitskreises Darmstädter Signal. Kling reicht dem sonst so streng abgeschotteten KSK die Hand zur öffentlichen Kooperation. Es müsse nicht die Gulaschkanone oder der Fallschirmsprung auf dem Marktplatz sein – er glaube aber, dass es auf beiden Seiten das Bedürfnis nach einem „größeren Miteinander in der Stadt“ gebe. Die Eliteeinheit stehe mit ihren Problemen „nicht allein auf weiter Flur“, so Kling.

Immer wieder als Lebensretter betätigt

Es gibt erfreuliche Botschaften aus dem KSK, doch die werden kaum bekannt. Erst in dieser Woche hat ein Hauptfeldwebel auf einem Atlantikflug eine 81-jährige Frau reanimiert – und im Sommer 2019 hatte ein Stabshauptmann zwei Menschen in einem Freibad vor dem Ertrinken gerettet. „Aufgrund der naturgemäß strengen Geheimhaltung können Sie Ihre erfolgreiche Arbeit nicht öffentlich zelebrieren“, zeigt Innenminister Thomas Strobl (CDU) Verständnis. „Ein Staat muss bestimmte Informationen geheim halten können.“ Zum Beispiel wo die Elitesoldaten den internationalen Terrorismus bekämpfen, was sie derzeit vielerorts tun.

Kurz streift Strobl die Extremismusvorwürfe, als er vom „keinesfalls zu duldenden Fehlverhalten einzelner Soldaten“ spricht. Ansonsten verteilt er nur Lob für das KSK, das 2021 sein 25-jähriges Jubiläum feiert. „Lassen Sie es richtig krachen“, rät er dem Kommandeur. Ob dem danach zumute sein wird, muss sich erst zeigen.