Polizisten beim Routinedienst auf dem Stuttgarter Wasen – das ist nicht zwingend eine gut bezahlte Aufgabe. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Verdienen Polizisten im Südwesten zu wenig Geld? Neue Zahlen aus dem baden-württembergischen Innenministerium zu Nebentätigkeiten der Staatsdiener legen den Verdacht nahe. Die Gewerkschaft wirbt für höhere Einkommen in diesem Bereich.

Stuttgart - Jeder zehnte Polizist in Baden-Württemberg hat einen Nebenjob. Nach Angaben des Innenministeriums verdienen von insgesamt 26 323 Polizeibeamten im Land rund 3540 nebenher noch etwas dazu.

Gerade die Ordnungshüter in den unteren Besoldungsgruppen A7 (2361 bis 2971 Euro) bis A9 (2644 bis 3426 Euro) des mittleren Dienstes gehen häufig einer Nebentätigkeit nach, um ihre finanzielle Situation zu verbessern, sagt Hans-Jürgen Kirstein, baden-württembergischer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Um dem Trend zur Nebentätigkeit entgegenzuwirken, fordern wir seit langem, dass unsere Polizeibeamte besser bezahlt werden. Denn die zusätzliche Arbeit ist zweifelsfrei eine Belastung, die sich negativ auf die tatsächlichen Erholungsphasen auswirkt.“

Vor allem Berufseinsteiger suchen einen Zusatzverdienst

Kirstein geht davon aus, dass auf der einen Seite häufig Berufseinsteiger auf die kleine Finanzspritze angewiesen sind. „Sie sind beispielsweise aus ihrer Heimat fortgezogen, haben aber immer noch eine Bindung dorthin und pendeln regelmäßig oder erhalten sich gar eine Zweitwohnung. Das zieht natürlich enorme Kosten nach sich.“ Auf der anderen Seite gehören laut Kirstein aber auch verheiratete Polizeibeamte mit nicht berufstätigen Ehepartnern zu denen, die ihre Lebenssituation durch zusätzliche Arbeit beispielsweise im Service oder mit Transportfahrten aufwerten wollen. Allerdings habe die Ausübung von Nebentätigkeiten nicht ausschließlich finanzielle Gründe. „Andere wollen ihre Vereine unterstützen, indem sie zum Beispiel ein Traineramt übernehmen“, so Kirstein.

Jede Nebentätigkeit ist genehmigungspflichtig

Wieviele Stunden das im Einzelfall genau sind, wird vom jeweiligen Dienstherrn kontrolliert. „Jede Nebentätigkeit ist genehmigungspflichtig, das ist im Landesbeamtengesetz festgelegt“, erklärt Renato Gigliotti, Pressereferent des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration. Grundsätzlich sei eine zusätzliche Arbeit, die mit maximal 1200 Euro im Jahr entlohnt wird und nicht mehr als ein Fünftel der Arbeitszeit in Anspruch nimmt, erlaubt. Darüber hinaus werde der jeweilige Einzelfall genau geprüft.

„Der Antrag wird abgelehnt, sobald die dienstliche Pflicht vernachlässigt, die Unbefangenheit beeinträchtigt oder das Ansehen der Polizei beschädigt wird“, so Gigliotti. Auch eine eventuelle Beeinflussung der künftigen dienstlichen Verantwortung sei ein Grund, die Nebentätigkeit zu untersagen. „Wenn beispielsweise ein Polizist Sport im semiprofessionellen Rahmen betreibt, könnte er sich so stark verletzen, dass er seine Pflichten nicht mehr wahrnehmen kann. Andererseits könnte man natürlich auch sagen, er bleibt dadurch fit für den Beruf“, erläutert Gigliotti. Die Entscheidung, ob die Nebentätigkeit bewilligt wird, obliegt dem jeweiligen regionalen Polizeipräsidium.