Die Haushaltspläne von Marbach und Markgröningen kalkulieren für dieses Jahr mit einem dicken Minus. Dafür gab es mahnende Worte von der Kommunalaufsicht.
Marbach/Markgröningen - Auch wenn der Eindruck für manchen Außenstehenden ein anderer sein mag: Eine Kommune kann nicht nach Lust und Laune wirtschaften. Denn die Kommunalaufsicht des Landratsamts überwacht mit Argusaugen die vorgelegten Haushaltspläne. Und wenn die Zahlen zu sehr ins Rote abdriften, kann ein Haushaltsplan auch abgelehnt werden, selbst wenn der Gemeinderat ihn zuvor gebilligt hat.
Bei den jüngst vorgelegten Haushaltsplänen der Schillerstadt Marbach und der Schäferlaufstadt Markgröningen gab es außer einer Genehmigung per Haushaltserlass mahnende Anmerkungen obendrauf. Marbach wurde im Hinblick auf ein Minus von rund 4,84 Millionen Euro im Ergebnishaushalt 2021 auf ein strukturelles Problem hingewiesen. Und darauf, dass ein Haushaltsausgleich, wie ihn das neue kommunale Haushaltsrecht vorschreibt, nicht geschaffen werden kann, sagte Franziska Wunschik, die Erste Beigeordnete der Stadt, auf Anfrage dieser Zeitung. Die Auflage, die man bekam: Die Haushaltsstrukturkommission, in der Vertreter aller Fraktionen vertreten sind, möge regelmäßig tagen, um Sparpotenziale zu finden.
Alles wird unter die Lupe genommen
Sparen, macht Franziska Wunschik deutlich, könne man allerdings nur durch Verschieben geplanter Investitionen: „Streichen kann man bei uns nichts.“ Die Haushaltsstrukturkommission habe Anfang August nochmals getagt und in aufwendiger Arbeit jeden einzelnen Punkt genau betrachtet. Dabei habe man keine großen Posten gefunden, aber viele kleine. So habe man einen relativ hohen Betrag für die Planung der neuen Feuerwache in Rielingshausen kürzen können, der nicht in voller Höhe benötigt werde, weil der hauseigene Architekt viel übernehme. Die Digitalisierung von Bauakten habe man ins nächste Jahr verschieben können, weil daraus in diesem Jahr ohnehin nichts mehr werde.
Auch Markgröningen muss sparen
Die Stadt Markgröningen wurde ebenfalls durch die Kommunalaufsicht darauf hingewiesen, dass der Ergebnishaushalt im Jahr 2021 entgegen der Vorgaben nicht ausgeglichen werden kann und am Ende des Jahres wohl ein negatives ordentliches Ergebnis von stark 4,5 Millionen Euro stehen wird. „Vor diesem Hintergrund muss sich die Stadt Markgröningen unbedingt auf die Durchführung der absolut notwendigen, dringenden Investitionen und die Erfüllung der Pflichtaufgaben beschränken“, so die Behörde in ihrem Schreiben an die Stadtverwaltung. Die im vergangenen Jahr eingerichtete Haushaltsstrukturkommission sei der richtige Weg, aber die bislang vorgenommenen Konsolidierungsmaßnahmen reichten noch nicht aus.
Dass Marbach so in Schwierigkeiten geraten ist, hat nach Aussage Franziska Wunschiks zwei Ursachen: die Corona-Krise, durch die die Gewerbesteuereinnahmen gesunken sind – der Ansatz für 2020 lag bei 5,5, Millionen Euro, der für das laufende Jahr nur noch bei 4,3 Millionen – , und das neue kommunale Haushaltsrecht, das den Kommunen vorschreibt, wie ein Unternehmen Abschreibungen mit in die Kalkulation aufzunehmen. Heißt: Wenn beispielsweise ein Neubau eine Million Euro kostet und laut Tabelle 30 Jahre lang halten soll, muss dafür alljährlich ein Dreißigstel der Million kalkulatorisch zurückgelegt werden, damit nach Ablauf der Abschreibungsfrist keine Kredite für einen Ersatz aufgenommen werden müssen. „Vor dem Problem stehen alle Kommunen“, sagt Wunschik. Diejenigen mit einer weniger starken Infrastruktur als Marbach seien davon allerdings weniger betroffen.
Ein gewaltiger Posten in der Schillerstadt sei das Schulzentrum, in das in den letzten Jahren viel investiert worden sei, ebenso die Kinderbetreuung und die Sanierung der Sporthallen. All dies führt zu Abschreibungen von 3,5 Millionen Euro. Sprich: Ohne den Rückgang der Gewerbesteuer und nach dem alten Haushaltsrecht würde man kein Minus machen.
Hohe Investitionen, hohe Abschreibungen
Ähnlich wie in Marbach standen und stehen auch in Markgröningen hohe Investitionen an: 31 Millionen Euro fürs Bildungszentrum bedeuten, dass alljährlich 3 Millionen Abschreibungen eingeplant werden müssen. Für eine Kita fallen 9 Millionen an, die schadstoffbelastete Sporthalle aus den 70er Jahren wird für etwa 4 Millionen saniert. Hinzu komme, sagt Bürgermeister Rudolf Kürner, dass die Zuschüsse aus dem Bundesförderprogramm wegen der großen Nachfrage ein paarmal erheblich geringer ausgefallen seien als erwartet. So werde die Liquidität von aktuell 12,5 Millionen in den nächsten Jahren „ziemlich runtergefahren“.
Glücklicherweise seien für die Gewerbesteuer 180 000 Euro mehr angefallen als geplant, so der Rathauschef: „Wir hatten davor drei gute Jahre und bekommen deshalb auch einiges aus dem Rettungsschirm.“
Und auch im Hinblick auf das Haushaltsjahr 2021 sieht er nicht völlig schwarz: „Wir planen immer sehr vorsichtig, und bis jetzt war der Haushaltsplan immer etwas schlechter als das tatsächliche Ergebnis.“
Förderung leistungsschwacher Kommunen
Wer wird gefördert?
Die finanzielle Bredouille der beiden Städte ist auch im Regierungspräsidium bekannt. Beide haben kürzlich eine – verglichen mit anderen Kommunen – sehr hohe Förderung bewilligt bekommen. 700.000 Euro bekommt Marbach für die Sanierung der Grundschule, 805.000 Euro Markgröningen für den Neubau der Kita Nonnenpfad. Benningen, Mundelsheim und Ingersheim werden wegen des von der Stadt Freiberg geforderten Zuschusses zum Neubau der Oscar-Paret-Schule gefördert. Auch Freiberg selbst wird wegen des Schulneubaus finanziell unterstützt.
Gibt es feste Fördersätze?
Feste Fördersätze gebe es nicht, teilt eine Sprecherin des Regierungspräsidiums auf Anfrage dieser Zeitung mit: „Die Investitionshilfe ist unter Berücksichtigung der Leistungskraft der Gemeinde und des Eigenmittelbedarfs für die Maßnahme sowie für die von der Gemeinde in absehbarer Zeit notwendig zu erfüllenden Investitionsaufgaben so zu bemessen, dass sich eine auf Dauer untragbar hohe Verschuldung der Gemeinde und eine übermäßige Belastung ihrer Abgabepflichtigen vermeiden lassen.“ Eine Rolle spielten dabei auch der Investitionsaufwand, weitere dringende Vorhaben, aber auch die Größe der Kommune. Für jeden Antrag werde eine individuelle Entscheidung getroffen.
Wann ist eine Kommune leistungsschwach? Als leistungsschwach gilt eine Gemeinde dann, „wenn sie … unter Berücksichtigung der von ihr sonst noch in absehbarer Zeit notwendig zu erfüllenden Investitionsaufgaben nicht in der Lage ist, die erforderlichen Eigenmittel für eine Maßnahme aufzubringen ist,“ so die Sprecherin des Regierungspräsidiums