Viele Lastwagen der Spedition Lila Logistik pendeln vom Marbacher Technologiepark zum AMG-wekr in Affalterbach. Seit 2014 sind es immer mehr geworden. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Deutsche Umwelthilfe verklagt inzwischen 40 deutsche Städte wegen Stickoxid-Grenzwerten. Auch das kleine Marbach ist auf der Liste. Dabei hat sich die Kommune die Probleme selbst ins Haus geholt.

Marbach - Die Klagen der Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen elf weitere Städte umfassen neben Ludwigsburg, Backnang und Heilbronn auch die kleine, 16 000 Einwohner zählende Stadt Marbach (Kreis Ludwigsburg). Der Bürgermeister Jan Trost war wie vom Donner gerührt, als er davon über die Presse erfahren hat. „Sehr befremdlich", sei das Vorgehen der DUH.

Ein Grund könnte die Ansiedlung des Speditionsunternehmens Lila Logistik sein, die für ihre auffällig violett lackierten Transporter bekannt sind. Das Unternehmen betreibt einen Pendelverkehr vom Marbacher Energie- und Technologiepark zur Affalterbacher AMG-Werk betreibt. Viele Lastwagen fahren durch den Ort. Der Erste Beigeordnete Gerhard Heim räumt ein, dass die Zahl der Fahrten in den vergangenen Jahren mit der Entwicklung der Firma „deutlich zugenommen hätten“. Schließlich habe sie ihren Fahrzeugabsatz in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht, so Gerhard Heim. Er stellt klar: „Konkrete Vorgaben zum Durchfahrtsverkehr konnten bei der Genehmigung nicht gemacht werden.“ Durch die Klage der DUH ist jedenfalls die politische Dringlichkeit gewachsen, einen Luftreinhalteplan für Marbach und Umland aufzustellen. Bislang war nur das benachbarte Pleidelsheim in den Schlagzeilen.

Der Bürgermeister hält das Vorgehen für „zweifelhaft“

„Wir gehen davon aus, dass dadurch das Regierungspräsidium mit noch mehr Hochdruck am Thema arbeiten muss“, so der Bürgermeister Jan Trost. Für „sehr zweifelhaft“ hält er das Vorgehen der Umwelthilfe indes. „Ich weiß nicht, was dahinter steckt, die DUH hat sich nicht gemeldet. Nun harren wir der Dinge“, so Trost.

Auch in Ludwigsburg hat die neuste Klagewelle der Umweltorganisation Folgen. So haben die Grünen im Stadtrat einen Brief an den OB Werner Spec geschrieben. Der neue Fraktionschef Michael Vierling kritisiert, dass der Gemeinderat über die Klage der DUH gegen die Stadt Ludwigsburg nicht informiert wurde. „Befremdet“, sei man darüber. Vierling erwartet, dass die offizielle Stellungnahme der Stadt zur Klage öffentlich gemacht wird. Zudem kritisiert er die Aussage von OB Werner Spec in unserer Zeitung, wonach lediglich einzelne Straßenzüge in Ludwigsburg durch Stickoxid belastet seien: „Es sind in zahlreichen stark belasteten Straßenzügen Tausende Menschen von Überschreitungen der Grenzwerte betroffen.“

Ludwigsburg wie Marbach haben das Problem, dass sich die Klage formal gar nicht direkt an die Rathäuser, sondern an das Land richtet. Hier sieht Jan Trost nun das Regierungspräsidium Stuttgart am Zug. Eine wichtige Forderung der Stadt ist, den durchfahrenden Brummiverkehr, der über die Bundesstraße 14 bei Winnenden und Leutenbach auf die Landesstraße 1127 nach Affalterbach und Marbach gelangt, auf der B 14 zu halten.

Die Stadt will die Laster auf der B 14 halten

Auf der Bundesstraße sollen diese Fahrzeuge über die Ausfahrt Backnang-West fahren, um dann über die L 1115 zur Auffahrt Mundelsheim der A 81 weiterzufahren. Dazu soll die Landes- zur Bundesstraße werden, wozu „aussichtsreiche Gespräche“ geführt würden, so Trost.

Klar ist: Beide Städte überschreiten seit Jahren die Grenzwerte. Die Marke für Stickstoffdioxid (NO2) in Innenstädten, die nicht überschritten werden darf, liegt bei 40 Mikrogramm. In Marbach lag der Jahresmittelwert 2017 an der Schillerstraße bei 55 Mikrogramm deutlich darüber. In Ludwigsburg wurden zuletzt 53 Mikrogramm gemessen, Tedenz sinkend.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts könnten in Stuttgart wegen Grenzwert-überschreitungen ab Anfang 2019 Dieselautos der Schadstoffklassen 1 bis 4 von den Straßen verbannt werden, ab 2020 auch Wagen, die der Abgasnorm Euro 5 entsprechen.

Jan Trost: Fahrverbote treffen die Mittelschicht

Für Marbach lehnt Trost Fahrverbote jedoch generell ab. Man treffe damit die klassische Mittelschicht, die über keinen Firmenwagen verfüge. Darunter seien viele Familien. Diese hätten sich womöglich in den zurückliegenden Jahren ein gebrauchtes Dieselfahrzeug gekauft. „Wir wollen auch aus sozialen Gründen auf jeden Fall Fahrverbote vermeiden“, so Jan Trost. Damit ist er auch mit dem OB Werner Spec einig – der Fahrverbote ablehnt.

In Marbach wird auch ein Durchfahrtsverbot für Lastwagen diskutiert, während Ludwigsburg auf neue Technik wie Elektrobusse oder Verkehrsleitsysteme setzt.