Unzufrieden mit dem Bund: Verkehrsminister Hermann, Ministerpräsident Kretschmann Foto: dpa

Dass der Südwesten 2013 in Berlin viele Millionen an Straßenbaumitteln liegen ließ, hängt nach Ansicht von Verkehrsminister Hermann auch mit der intrans- parenten Geldvergabe des Bundes zusammen. Das will er nun ändern.

Dass der Südwesten 2013 in Berlin viele Millionen an Straßenbaumitteln liegen ließ, hängt nach Ansicht von Verkehrsminister Hermann auch mit der intrans- parenten Geldvergabe des Bundes zusammen. Das will er nun ändern.

Stuttgart - Der Bund soll die Finanzierung des Fernstraßenbaus für die Länder durchsichtiger und planbarer machen: Dies will Baden-Württemberg jetzt mit einer Initiative über den Bundesrat erreichen. „Was der Bund uns gibt, ist nicht kalkulierbar“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und verwies auf die große Spanne der Beträge, die das Land in den vergangenen Jahren erhalten habe.

So schwankten die Zuwendungen für den Neu- und Ausbau von Fernstraßen zwischen 150 und 300 Millionen Euro pro Jahr. Für den Erhalt der Straßen gebe der Bund zwischen 150 und 313 Millionen. Baden-Württemberg benötige aber verlässlich mindestens 200 beziehungsweise 350 Millionen Euro im Jahr.

Gegen Jahresende kämen die Länder zwar in den Genuss sogenannter Ausgleichszahlungen. Verlässlich seien diese Mittel, die von dem einen oder anderen Land nicht abgerufen werden konnten und dann in anderen Regionen verbaut werden dürfen, aber keineswegs. Der Bund könne noch nicht einmal ihre Höhe für die vergangenen Jahre beziffern.

Diese Aussage deckt sich mit der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion vom April dieses Jahres, in der es unter anderem heißt: „Aufgrund der Vielzahl und Komplexität der unterjährigen Buchungsvorgänge mit 16 Bundesländern liegen der Bundesregierung hierüber keine differenzierten Auswertungen vor.“

Unbestritten ist allerdings, dass Hermann im vergangenen Jahr einen Teil dieser Ausgleichsmittel, von denen Baden-Württemberg hätte profitieren können, nicht abgerufen hat. Dass es sich dabei um bis zu 100 Millionen Euro handelt, wie die Landtags-CDU behauptet, wies Hermann unter Verweis auf Angaben der Bundesregierung vehement zurück. Allenfalls sechs Millionen Euro seien verfallen.

Dass reguläres Geld für den Fernstraßenbau zum Jahresende überhaupt verfallen kann, hält Hermann für einen grundsätzlichen Fehler. Diese im Verwaltungsdeutsch „unterjährig“ genannte Mittelzuweisung mache eine sachgerechte Planung und Steuerung praktisch unmöglich. Mit dem Vorstoß im Bundesrat wird Hermann zufolge eine „überjährige“ Verwendung der Straßenbaumittel gefordert.

Ebendies scheint aber auch der schwarz-roten Bundesregierung bewusst zu sein. Im Koalitionsvertrag heißt es unter anderem: „Nicht verbrauchte Investitionsmittel im Verkehrsbereich werden überjährig und ungekürzt zur Verfügung gestellt.“ Dies solle bereits im Bundeshaushalt 2014 umgesetzt werden, antwortet die Bundesregierung der Grünen-Fraktion.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Verkehrspolitiker Steffen Bilger nannte die Bundesratsinitiative am Dienstag denn auch „völlig überflüssig“. Genau die Forderung Hermanns werde in dieser Woche mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts 2014 verwirklicht.

Die Forderungen der Landesregierung gehen allerdings noch weiter: Der Bund soll schlicht mehr Geld geben. „Die dramatische Unterfinanzierung der großen Autobahntrassen ist nicht weiter hinnehmbar“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag. Vor allem der Großraum Stuttgart entwickle sich zur Stauregion: „Irgendwann geht das an die wirtschaftliche Substanz.“

Hermann zufolge sieht die mittelfristige Finanzplanung beim Bundesfernstraßenbau allerdings ein „deutliches Absinken der Haushaltsansätze“ für Aus- und Neubaumaßnahmen vor.

Die Landesregierung habe zwar die im Südwesten geplanten Projekte nach nachprüfbaren Kriterien priorisiert. Für baureife Vorhaben wie die B 31 bei Friedrichshafen fehle aber weiterhin die Baufreigabe durch den Bund.

Eine Änderung der Regeln wünscht sich Grün-Rot auch bei den Zuschüssen, die der Bund für die Planungskosten gibt. Die bisher bezahlte Pauschale von drei Prozent stehe in keinem Verhältnis mehr zu den tatsächlichen Kosten von 15 bis 20 Prozent.

Ob das Land mit seinem Vorstoß im Bundesrat Erfolg hat, ist noch fraglich. Hermann zufolge haben Hessen und Bremen zwar Zustimmung signalisiert. Andere Länder zögerten allerdings, weil sie die Bundesregierung nicht unter Druck setzen wollten. Allerdings habe die Verkehrsministerkonferenz von Bund und Ländern bereits ähnliche Forderungen wie Baden-Württemberg erhoben, sagte Hermann.