Ein Kunde kauft bei Mercedes einen neuen, gut 200.000 Euro teuren AMG G 63. Der hat einen Transportschaden. Jetzt folgt ein Urteil – und eine Anzeige gegen Mercedes-Chef Ola Källenius.
Dass sich da langjährige Geschäftspartner gegenübersitzen, lässt sich kaum noch erahnen. Verhärtet sind die Fronten, ausgetauscht die Argumente. Auf der einen Seite des Saals im Stuttgarter Landgericht hat ein Stuttgarter Geschäftsmann mit seinem Rechtsanwalt Platz genommen. Auf der anderen Seite sitzt der juristische Vertreter des Autobauers Mercedes-Benz.
Dutzende Fahrzeuge hat der Unternehmer für seine Firma im Laufe der Jahre bei der Marke mit dem Stern gekauft. Doch jetzt sind die Beziehungen auf dem Nullpunkt angelangt. Grund dafür ist ein besonders teures Fahrzeug, das der Mann vor zwei Jahren bestellt hat: ein AMG G 63, ein derzeit äußerst gefragtes Auto. Das hatte damals einen Wert von weit über 200 000 Euro.
Der Transportschaden ist unstrittig
Unbestritten ist, dass das Fahrzeug beim Transport einen Schaden erlitten hat. Der Kläger sagt, das habe man ihm einen Tag vor dem vereinbarten Abholtermin mitgeteilt. Man müsse den Termin wegen eines Schadens verschieben, habe es geheißen, ohne dass er Details erfahren habe. Bei der Abholung einige Wochen später – stilecht mit rotem Teppich – sei ihm dann sofort aufgefallen, dass mit dem Auto etwas nicht stimme. Er nahm den Wagen mit, teilte seine Bedenken nach eigener Aussage aber noch am selben Tag mit. Und er ließ ein Gutachten erstellen, das drei Tage später vorlag.
Darin kommt der Gutachter zum Schluss, dass die G-Klasse ganz erhebliche Schäden erlitten haben muss, die auch nicht vollständig behoben sind. Das Auto müsse rückwärts gegen eine Wand gefahren sein, führt er aus. Beschädigt worden seien dabei die hintere Tür, Ersatzradhalter, Ersatzrad samt Abdeckung, Stoßstange und Rücklichter. All dies sei offenbar vor der Auslieferung repariert worden. Die Lackierung stimme weder von der Farbe noch von der Dicke her.
„Man hat mir ein Auto mit Transportschaden als fabrikneu und unfallfrei verkauft“, sagt der Käufer. Er fordert, ein anderes Fahrzeug zu bekommen – oder wahlweise eine Kaufpreisrückerstattung in Höhe von 20 Prozent. Damit ist man bei Mercedes allerdings nicht einverstanden. „Das Fahrzeug war mangelfrei“, sagt der Rechtsanwalt des Unternehmens vor Gericht. Man habe Spezialisten beauftragt. „Die konnten alles, was in Mitleidenschaft gezogen war, abschrauben und austauschen.“ Eine Summe von 7500 Euro für eine gütliche Einigung habe der Käufer ausgeschlagen.
Nach inzwischen fünf Gerichtsterminen und einem Zivilverfahren von rund zwei Jahren Dauer scheint der Prozess nun auf die Zielgerade zu gehen. Im jüngsten Termin wollte die Richterin eigentlich das Fahrzeug in Augenschein nehmen – auch wenn das zwei Jahre nach der Auslieferung nicht mehr im selben Zustand sein dürfte wie damals. Der Kläger hat die G-Klasse allerdings längst weiterverkauft – als Unfallwagen und daher mit einer massiven Wertminderung.
Die nächste Instanz wartet
Das Gericht will nun Ende August eine Entscheidung verkünden. Nach allem, was bisher gesagt worden ist, dürften die Aussichten für den Kläger nicht gut sein, denn als Geschäftsmann gelten für ihn besonders strenge Regeln, was die Mängelanzeige angeht. Das Gericht zweifelt daran, dass die alle erfüllt worden sind. Doch egal, wie das Urteil ausfällt – die nächste Runde im Streit um die G-Klasse dürfte postwendend folgen. Denn beide Seiten werden eine Niederlage mutmaßlich nicht auf sich sitzen lassen und in die nächste Instanz gehen.
Doch nicht nur deswegen dürfte sich die Auseinandersetzung auch nach einem ersten Urteil fortsetzen. Denn der Kläger hat inzwischen seine Drohung aus einem früheren Prozesstag wahr gemacht und Strafanzeige wegen Betruges erstattet – und zwar gegen Mercedes-Chef Ola Källenius höchstpersönlich. Den habe er mehrfach angeschrieben in der Sache und an die Werte erinnert, die Mercedes nach eigener Aussage verkörpere, jedoch noch nicht einmal eine Antwort erhalten, so der Kläger.
Die Anzeige ist bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft eingegangen und wird jetzt geprüft. Bei Mercedes reagiert man darauf mit Gelassenheit. „Die Zufriedenheit unserer Kunden ist für uns von zentraler Bedeutung. Wir bedauern, dass der Kunde Beanstandungen hat. Wir halten sämtliche Vorwürfe jedoch für völlig gegenstandslos“, sagt eine Unternehmenssprecherin.