Dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (rechts, im Gespräch mit Rudi Ringwald) begegnet ein geballtes Nein zur Klärschlammverbrennung in Walheim. Foto: Matthias Gissel

Der Protest gegen eine Klärschlammanlage der EnBW in Walheim (Kreis Ludwigsburg) ist groß. Ministerpräsident Winfried Kretschmann kam nun bei einer Demo in Lauffen mit der Initiative Bürger im Neckartal ins Gespräch.

Eine kurze Stippvisite des grünen Ministerpräsidenten Winfrid Kretschmann und des SPD-Oppositionsführer Andreas Stoch hat am Nikolaustag den Gegnern einer geplanten EnBW-Klärschlammverbrennungsanlage in Walheim einen kleinen Lichtblick beschert. Die Politiker erschienen bei einer kleinen, friedlichen Demonstration, die am Rande eines Treffens der Bürgermeister aus Baden-Württemberg in Lauffen stattfand, und informierten sich über das brisante Thema.

 
Die Demonstranten gegen eine Verbrennung von Klärschlamm in Walheim zeigten Flagge. Foto: Matthias Gissel

Zuletzt war die Kritik an einer vernachlässigten „Politik des Gehörtwerdens“, die Kretschmann selbst ausgerufen hatte, am Mittleren Neckar unüberhörbar geworden. Die Initiative Bürger im Neckartal will die industrielle Großanlage zur Trocknung und Verbrennung von Klärschlamm aus einem Radius von 100 Kilometern verhindern. Bisher hatte kein Spitzenpolitiker des Landes Interesse an einem Dialog gezeigt. Das Planungsverfahren beim Regierungspräsidium Stuttgart nimmt indessen seinen Lauf.

Rudi Ringwald und Winfried Klass von Bürger im Neckartal zeigten sich mit dem Verlauf zufrieden. Sie skizzieren das Problem: Mit dem Konzept der zentralen Klärschlammentsorgung werde den Kommunen von der EnBW AG eine einfache Lösung der Abfallentsorgung fernab der Entstehung ermöglicht. Entgegen den Aussagen des Umweltministeriums, „Klärschlammentsorgung ist Aufgabe der Kommunen“, würde so das Sankt-Florian-Prinzip in Beton gegossen und ein dauerhafter Transport des bis zu 75  Prozent aus Wasser bestehenden Klärschlamms mit bis zu 120 Lastwagen-Fahrten täglich für Jahrzehnte erforderlich bleiben.

Viel Schwerverkehr durch Transporte von Klärschlamm nach Walheim

Da am Standort Walheim und in unmittelbarer Nachbarschaft keine geeignete Kläranlage zur Verfügung stehe, müssten auch die stündlich anfallenden 10 Tonnen Brüdenwasser mit bis zu 30 Silo-Lasterfahrten täglich in weit entfernte Kläranlagen transportiert werden, heißt es im Pressetext der BI. Die zusätzliche Belastung des ohnehin überlasteten B27-Nadelöhrs Kirchheim am Neckar oder der sanierungsbedürftigen Besigheimer Enzbrücke mit bis zu 150 Lastwagen- Fahrten täglich würde billigend in Kauf genommen.

Der Erörterungstermin im Juni in Ludwigsburg habe keine Antworten auf viele vorgetragenen umwelttechnischen Fragen und Problemstellungen ergeben, teilt die BI weiter mit. Da diese Probleme überwiegend nicht verfahrens- und damit genehmigungsrelevant seien, wurden sie zwar angehört, aber nicht kommentiert. „Groß war schließlich die Enttäuschung bei den Bürgern und Kommunen, dass trotz aller offenen Fragen und entgegen der Zustimmungsverweigerung der Standortkommune das Regierungspräsidium Stuttgart am 30. Oktober eine erste Teilgenehmigung für vorgezogene Baumaßnahmen erteilte.“

In einer Solidaritätsbekundung beschlossen die drei Nachbarkommunen Kirchheim, Besigheim und Gemmrigheim die sofortige Klage der Standortkommune Walheim gegen diese Genehmigung auch finanziell zu unterstützen. „Ein starkes politisches Zeichen und für die BI ein Signal, erneut jetzt verstärkt in die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt der BI-Sprecher Rudi Ringwald.

Kretschmann versprach „keinen ökologischen Wahnsinn“ bauen zu lassen

Unmittelbar nach seiner Ankunft an der Stadthalle ging Ministerpräsident Winfried Kretschmann direkt auf die Demonstranten zu und suchte offen das Gespräch. Mit Verweis auf das noch laufende Verfahren bat er jedoch um Verständnis, keine Aussagen treffen zu können. Rudi Ringwald nahm ihm dennoch das Versprechen ab, „keinen ökologischen Wahnsinn“ bauen zu lassen und sich im Hintergrund über die ökologischen Details des Projektes zu informieren.

Auch der SPD-Oppositionsführer im Landtag, Andreas Stoch, interessierte sich in Lauffen sehr für das Projekt und stellte laut BI fest, dass es sich hier ganz offensichtlich um ein weiteres Beispiel in der langen Reihe von landesweiten Projekten handele, bei dem das Prinzip des „Gehörtwerdens“ schlicht ignoriert werde.