Ein Schwede hat sich eine Kiwi-Pizza ausgedacht - er wollte das Beste aus einem Weihnachtsgeschenk machen. Im Heimatland der Pizza ist man verwundert: Wer die „cucina italiana“ verhunzt, gehört mindestens in die Hölle.
Stockholm/Neapel - Folgt auf die Pizza Hawaii nun eine Art Pizza Bullerbü? Aus der Not eines übergroßen Vorrats an Kiwis heraus hat ein Schwede eine eigentümliche Pizzakreation entworfen - und nicht mit den Reaktionen aus dem Pizza-Mutterland Italien gerechnet. „In Italien spielen sie verrückt“, sagt Stellan Johansson aus dem südschwedischen Skottorp. „Ich bekomme eine Menge E-Mails, in denen sie schreiben, dass sie mich töten wollen, weil ich ihre Essenskultur zerstöre.“
Angefangen hat all das mit einem besonderen Präsent zu Weihnachten. „Mein Bruder und seine Ehefrau bauen Kiwis im Süden Schwedens an, ich habe 15 Kilo als Weihnachtsgeschenk bekommen“, sagte der 42-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Er sei sehr an guten Lebensmitteln interessiert, habe nur ein Problem gehabt: Selbst im Kühlschrank konnte er all die Früchte nicht auf alle Ewigkeit lagern, ohne dass sie irgendwann schlecht geworden wären. Also machte sich Johansson ans Werk, aß eine Menge der Kiwis auf klassischem Wege - und begann außerdem zu kochen und zu backen.
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Herausgekommen sind Kreationen, die von Kiwi-Muffins und -Schokokuchen über Kiwi im Speckmantel, frittierte Kiwi und Kiwi mit Kassler bis hin zu einem Kiwi-Wok-Gericht mit Rentierfleisch reichen. Die Ergebnisse lassen sich auf Johanssons Facebook-Seite bestaunen, weitere Ideen teilen der Schwede und andere in der Gruppe „Kiwins vänner“, was auf Deutsch die „Freunde der Kiwi“ bedeutet.
Italienische Medien empört
Eine unerwartete Reise nahm jedoch vor allem die Idee der Kiwi-Pizza. Die begann in einer Pizzeria in Johanssons Heimatdorf Skottorp. Er bat den Pizzabäcker darum, eine Pizza mit den Früchten aus seinem Vorrat zu verfeinern. „Er hat mich dreimal gefragt: „Warum?“ Er hat das nicht verstanden“, sagt Johansson. Jemand stellte sein Foto von der Kiwi-Pizza auf die Online-Plattform „Reddit“, dann berichtete eine Tageszeitung in Neuseeland - deren Einwohner „Kiwis“ genannt werden - über die Kreation. „Dadurch ist das viral gegangen“, sagt Johansson.
Schon bald erreichte die Kiwi-Pizza Italien. Von einer „neuen kleinen Monstrosität“ berichteten italienische Medien. Nach Pizza Hawaii müsse man nun Pizza Kiwi ertragen. Generell ist es in Italien Volkssport, sich über eigentümliche Abwandlungen traditioneller italienischer Gerichte auszulassen. Wer die gute „cucina italiana“ verhunzt, gehört mindestens in die Hölle. Für diese Art von Spott gibt es extra Internetseiten.
In der Pizzabäckerzunft erklärt man die Empörung so: „Das ist so, als ob ich einem Deutschen sage, er soll Bratwürstel nicht mit Krauti, sondern mit Essig und Honig essen“, sagt Stefano Auricchio, Direktor des neapolitanischen Pizzaverbandes Associazione Verace Pizza Napoletana. Eine Pizza mit Kiwis verstoße gegen die Regeln der mediterranen Küche: Salziges Gekochtes nicht mit Früchten zu kombinieren. „Man isst ja auch keine Spaghetti mit Ananas.“
10 bis 15 Kiwi-Pizzen am Tag
Zwar findet jeder Urlauber auch in Italien mittlerweile alle möglichen Pizzakreationen - mit Ananas, mit Würstchen und Pommes oder sogar mit Nutella. Das sei aber vor allem ein Angebot für Touristen, sagt Auricchio. „Oder im Falle der Würstchen ein Angebot für Kinder.“
Neapel ist der Ursprungsort der Pizza. Hier ist man besonders stolz auf das Teigrund. Die neapolitanische Kunst des Pizzabackens steht mittlerweile auch auf der Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Aber der Name „Pizza Napoletana“ ist nicht geschützt. Jeder darf sie als solche verkaufen, auch wenn es gar keine „echte“ ist. Und die geht so, führt Auricchio aus: Mehl, Salz, Wasser und Hefe für den Teig, der dann zwölf Stunden ruhen und mit der Hand geknetet werden müsse. Im Holzofen dürfe die Pizza dann lediglich 60 Sekunden bleiben. Oben drauf kommen für die klassische Margherita-Variante Tomaten, Mozzarella, Öl und Basilikum.
Ob die Pizza mit Kiwi nun auch in irgendeinem Restaurant in Italien eingeführt wird, ist fraglich. In Johanssons Heimat schlägt die Idee dagegen Wurzeln: Die Pizzeria, bei der die Kreation in den Ofen geschoben wurde, nennt das ganze mittlerweile „Kiwizza“ und verkauft laut Johansson nun 10 bis 15 Kiwi-Pizzen am Tag - und das in einer Ortschaft mit gerade einmal 400 Einwohnern. Dass sich die Kiwi-Pizza als langfristige Alternative zur Pizza Hawaii etablieren wird, daran glaubt Johansson aber nicht. Übrigens: Seinen Kiwi-Vorrat hat der Schwede vor wenigen Tagen endlich aufgebraucht.