Aufpassen, so lautet die Parole – zum einen auf junge Verkehrsteilnehmer in Kita-Nähe (hier eine Aufnahme aus Oeffingen) oder auch auf nicht allzu stark steigende Gebühren. Foto: Dirk Herrmann

Im Rems-Murr-Kreis gibt es immer wieder Streit zwischen Eltern und Verwaltungen um Kita-Öffnungszeiten oder erhöhte Gebühren. Der Antrag, zumindest das letzte Kindergartenjahr auf die Hälfte zu reduzieren, ist in Fellbach jetzt gescheitert.

Heftige Auseinandersetzungen mit Rathaus-Verantwortlichen, Kampagnen in den sozialen Medien, Demonstrationen mit erzürnten Vätern und Müttern auf dem Marktplatz: Scharfe Protestnoten gefrusteter Eltern gab es zuletzt öfter in Rems-Murr-Kommunen, wenn es um die Belange des Nachwuchses und deren Betreuung geht. Zuletzt war es meist der Streit um fehlende Kita-Plätze, verkürzte Öffnungszeiten und eine somit nicht mehr verlässliche Betreuung für Sohn oder Tochter.

In Schorndorf führte dieser Disput im Dezember zur Klage, die Stadt betreibe einen „feindseligen Umgang mit Familien und Kindern“. Für die entscheidende Gemeinderatssitzung rückten gleich mehrere Dutzend Eltern an und füllten den Sitzungssaal. Die Entscheidung fiel trotzdem nicht in ihrem Sinne aus – was dann zu einem Verhalten führte, das in unserer Zeitung im Februar mit folgender Schlagzeile bedacht wurde: „Wenn Eltern in den ,Abhol-Streik’ treten.“

Kleinkinder wuseln an Stadträten vorbei

Ähnliche turbulente Szenen gab es auch schon mal in Fellbach: Dort waren es Dutzende Kleinkinder, die zwischen den Stadträtinnen und Stadträte herumwuselten, Eltern rückten den Volksvertretern dicht auf die Pelle in einem mit 150 aufgebrachten Müttern und Vätern proppenvollen Sitzungssaal. Allerdings liegt dieses Schauspiel in einer der bestbesuchten Debatten im Lokalparlament schon fast vier Jahre zurück. Seinerzeit, sagte der Erste Bürgermeister Johannes Berner jetzt im selben Gremium, „haben viele Menschen hier im Raum ihre Interessen lautstark kundgetan“.

Dass es „heute anders“ sei und „wir in gewisser Gelassenheit über das Thema sprechen können“, zeige, dass die Wogen nicht mehr ganz so hochschlagen. Es geht um die aus städtischer Sicht unerlässliche Erhöhung der Benutzungsgebühren für die Kindertagesstätten in Fellbach. Der Bürgermeister verwies darauf, dass der Landesrichtsatz eigentlich einen Kostendeckungsgrad von 20 Prozent in den Kommunen in Baden-Württemberg vorsehe. „Fellbach bleibt regelmäßig darunter“, konstatierte Berner. Durch den Kostenanstieg aufgrund des enormen Ausbaus der Betreuungsangebote, der Personalkostenentwicklung sowie der gestaffelten Erhöhung der Gebühren werde „der angestrebte Kostendeckungsanteil aus den Elternbeiträgen de facto nicht erreicht“, so Berner, man komme in Fellbach auf lediglich rund 13 Prozent. Berners Vorgabe: „Um den angestrebten Kostendeckungsgrad aus Gebühren von 15 Prozent zu erreichen, ist eine Gebührenerhöhung nötig.“

Das Kuchenstück für die Kinderbetreuung wird immer größer

Der Anteil für die Kinderbetreuung im Fellbacher Gesamtbudget sei in den vergangenen Jahren von 6 auf 10,5 Prozent gestiegen, „das Kuchenstück wird immer größer“. Dabei „wird oft übersehen, dass die Gelder an anderer Stelle fehlen“, so Berner. Um die reale Belastung der Eltern „sozialverträglicher zu gestalten“ und „Sprünge“ zu vermeiden, erfolgt die Gebührenerhöhung in zwei Stufen jeweils zum September 2023 und 2024. Die gesamte Erhöhung liegt laut schriftlicher Auflistung des Amts für Bildung, Jugend, Familie und Sport bei Beträgen zwischen 21 und 67 Euro.

Im Sinne der „Glaubwürdigkeit“ und damit es „weiterhin gerecht zugeht in Fellbach“, schlägt die Verwaltung bezüglich der Sozialstaffelung bei der Einkommensgrenze eine „deutliche Erhöhung“ um 5670 Euro auf jährlich 68 000 Euro vor. In Fellbach gibt es nach Berners Überzeugung keine Haushalte, „bei denen die Kinderbetreuung an finanziellen Gründen scheitert“.

Fellbach und sein Ruf als kinder- und familienfreundliche Stadt

Der Bürgermeister zeigte sich „froh, dass unsere Argumente im Elternbeirat Gehör gefunden haben“ und die Gebührenerhöhung akzeptiert wurde. Berners Urteil: „Auch künftig soll Fellbach durch die auch im kreis- beziehungsweise landesweiten Vergleich moderate Erhebung von Betreuungsgebühren seinem Ruf als kinder- und familienfreundliche Stadt gerecht werden.“

In der Debatte wies Ulrich Lenk (Freie Wähler/Freie Demokraten) auf die „erfreulich hohe Geburtenrate“ hin, die zugleich neue Einrichtungen und weitere Millionenbeträge erfordere. Hans-Ulrich Spieth (CDU) lobte: „Der gute Ruf, den Fellbacher Kindertagesstätten haben, kommt nicht von ungefähr.“ Ansonsten gab es vor allem sozialdemokratischen Widerstand. Fraktionschef Andreas Möhlmann verwies auf die grundsätzliche Haltung der SPD, wonach die Kinderbetreuung ab drei Jahren dem Schulbesuch gleichgestellt werden und deshalb kostenfrei sein sollte. Dafür fehle allerdings die bessere Finanzausstattung der Kommunen durch das Land. „Als Einstieg und zur Entlastung der Eltern beantragen wir deshalb, das letzte Kindergartenjahr auf 50 Prozent der Gebühren zu ermäßigen“, hieß es im ersten Passus des Antrags. Damit fanden die Genossen jedoch keine Mehrheit. Am Ende wurde der Verwaltungsvorschlag mit den „zumutbaren Mehraufwendungen“ für die Eltern mit 17 zu sechs Stimmen bei fünf Enthaltungen angenommen.

Förderung für neue Kitas

Abenteuerland
Projekte wie der Awo-Kindergarten Abenteuerland Oeffingen wären nach Einschätzung des Fellbacher Bürgermeisters Johannes Berner mittlerweile angesichts der enorm gestiegenen Kosten im Bausektor und des erhöhten Zinsaufwands von den Trägern kaum noch zu realisieren.

Gut in Schuss
Die Stadt hat deshalb eine neue, verbesserte Förderung für Investitionen und Instandhaltungen von Kindertageseinrichtungen beschlossen. Neubauten werden künftig mit 90 Prozent gefördert, der jeweilige Träger trägt zehn Prozent. Bei bestehenden Einrichtungen wird die Förderung von Einzelmaßnahmen an Gebäuden von 50 auf 70 Prozent erhöht. „Das ist eine hohe Motivation für die Träger, ihre Gebäude in Schuss zu halten“, so Berner.

Zwergenzügle
Die Arbeiterwohlfahrt erweitert in von der SDK gemieteten Räumen in Fellbacher Bahnhofsnähe derzeit die Kita Zwergenzügle auf zehn Gruppen. Der Bund hat kürzlich überraschend einen erhofften Zuschuss abgelehnt. Dort soll nun auch, quasi rückwirkend, die vom Gemeinderat aktuell beschlossene Förderrichtlinie mit erhöhtem Zuschuss greifen.