Bürgermeisterin Isabel Fezer will gegen das Urteil für die Eltern die Berufung erreichen Foto: Jan Reich

Der Anwalt Dieter Schenk, der das im Kitastreit gegen die Stadt klagende Elternpaar vertritt, erwartet nicht, dass seine Mandanten eine weitere juristische Auseinandersetzung scheuen, weil die Stadt in die Berufung gehen will. „Ich habe den Eindruck, dass die Stadt auf Zeit spielt“, sagt Schenk.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt ist in Sachen Kindertagesstätten und deren Finanzierung auch auf Elternseite unter Druck geraten. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Kommune dazu verurteilt, den Differenzbetrag zwischen den Gebühren in einer städtischen Einrichtung und dem Monatsbeitrag für die Betreuung in einer privat betriebenen Kita an die Eltern eines fast dreijährigen Kindes zu übernehmen. Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) erklärte im Interview mit unserer Zeitung, gegen das Urteil die Zulassung der Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen zu wollen. Dazu hat sie vier Woche Zeit.

Dieter Schenk, der das klagende Elternpaar als Anwalt der Stuttgarter Kanzlei SHP vertreten hat, erwartet nicht, dass seine Mandanten eine weitere juristische Auseinandersetzung scheuen. „Ich habe den Eindruck, dass die Stadt auf Zeit spielt“, sagt Schenk. Das Gericht habe auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hingewiesen. „Ich denke daher nicht, dass die Stadt da rauskommt, die Eltern werden nicht aufgeben“, so der Anwalt. Bürgermeisterin Fezer, selbst Juristin, sieht im BGH-Urteil keine ausreichenden Parallelen zu den Stuttgarter Verhältnissen.

Das Verwaltungsgericht hatte dem ganztägig berufstätigen Paar, das pro Monat rund 690 Euro (einschließlich Essensgeld) für die Betreuung bezahlt, 5620 Euro zuzüglich Zinsen zugesprochen. Das Paar hatte ihr Kind bereits im Alter von zwei Monaten in mehreren städtischen Kitas angemeldet, aber nur Absagen erhalten. In der Landeshauptstadt fehlen etwa 3400 Betreuungsplätze für unter drei Jahre alte Kinder. Sollte die Berufung vom Verwaltungsgerichtshof zugelassen werden, hemmt dies die Auszahlung an die Eltern.

Vor dem Verwaltungsgericht sind 23 ähnliche Fälle anhängig, in denen Eltern einen Platz einfordern oder durchsetzen wollen, dass die Stadt die Kosten für eine teurere, private Einrichtung übernimmt. Drei Eilverfahren konnte die Stadt gewinnen, weil der Rechtsanspruch fehlte (Platz für später beantragt), keine Dringlichkeit gegeben war (Kind hatte Platz) oder der zeitliche Umfang des Anspruchs nicht im Einzelnen geklärt werden konnte.