In Stuttgart fehlen Kindergartenplätze. Foto: dpa

Fast 3000 Kinder mit Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz gehen in Stuttgart leer aus. Dass darunter auch Fast-Schulkinder sind, ist bitter. Die Stadt sollte ihre Anstrengungen bei der Personalgewinnung verstärken, findet Redakteurin Inge Jacobs.

Stuttgart - Was ist der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz wert, wenn die Versorgung nicht für alle reicht? Diese Frage stellt sich in Stuttgart seit Jahren. Bisher gingen vor allem Krippenkinder leer aus. Schon das ist bitter, denn für viele Familien hängt an einer verlässlichen Kinderbetreuung auch die berufliche Existenz. Neu ist, dass es auch für ältere Kitakinder Engpässe gibt. Für Kinder, die als Zugezogene plötzlich in Stuttgart auftauchen, reicht ganz offensichtlich der Puffer bei den Kitas nicht, auch wenn das eine Versorgungsquote von knapp 105 Prozent suggeriert. Da liegt es auf der Hand, dass auch hier nachgebessert werden muss.

Denn auch die Drei- bis Sechsjährigen haben ein Recht auf einen Betreuungsplatz. Es ist richtig, dass die Stadtverwaltung ihr Augenmerk beim Ausbau der Kitaplätze und der Beseitigung der Engpässe jetzt auf die älteren Kitakinder legt. Denn die meisten dieser zugezogenen Kinder kommen aus Flüchtlingsfamilien. Wo sonst als im Kindergarten, gemeinsam mit hiesigen Kindern, sollen sie die deutsche Sprache lernen? Wo sonst können sie mitbekommen, wie es hier läuft und sich ganz selbstverständlich damit auseinandersetzen? Beides sind zudem wichtige Voraussetzungen für einen gelungenen Schulstart und für Integration. Auch andersherum nützt es: Denn so wird auch für hier geborene Kinder deutscher Eltern schon ganz früh der Umgang mit Flüchtlingskindern selbstverständlich. Und das ist gut so.

Den Engpass bei den fehlenden Kitaplätzen für die älteren Kinder kann man mit Angebotsumstellungen ausgleichen. Aber das Hauptproblem ist damit noch nicht gelöst: Es fehlen Fachkräfte. Umso mehr verwundert es, dass die Stadtverwaltung sich nicht darüber einig werden kann, mit welchen Maßnahmen die Personalgewinnung vorangetrieben werden soll und wie diese finanziert werden können.

In Sachen Rechtsanspruch könnten auf die Stadt bald weitere Kosten zukommen: Am 8. Dezember wird die Klage einer Familie auf Kostenerstattung für eine teurere Privatkrippe im Verwaltungsgerichtshof Mannheim verhandelt – ein Präzedenzfall mit Signalwirkung. Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hatte die Stadt verloren.