In vielen Kindergärten im Kreis Böblingen fehlt Personal, jetzt landen die Fälle sogar vor Gericht Foto: Archiv/Stefanie Schlecht

Ein dreijähriges Kind macht vor Gericht seinen Anspruch auf einen Betreuungsplatz gegenüber dem Kreis Böblingen geltend, doch die Rechtslage ist verzwickt.

Der eklatante Mangel an Kindergartenplätzen im Landkreis Böblingen beschäftigt mittlerweile die Gerichte. Weil ein dreijähriges Kind keinen zumutbaren Betreuungsplatz erhalten konnte, reichte das Kind beziehungsweise seine gesetzlichen Vertreter im Juni dieses Jahres beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Eilantrag ein. Das Gericht forderte auf der Grundlage des geltenden Rechtsanspruches den Landkreis Böblingen auf, dem Kind zunächst für den Zeitraum von sechs Monaten einen zumutbaren Betreuungsplatz anzubieten. Da der Landkreis dem nicht nachkommen konnte, droht das Verwaltungsgericht dem Landkreis nun ein Zwangsgeld in Höhe von 5000 Euro an. Das teilt das Gericht per Pressemitteilung mit.

Der Fall wirft insofern Fragen auf, dass der Landkreis gar nicht Aufgabenträger der Kinderbetreuung ist. Die ist Aufgabe der Städte und Gemeinden. Dazu sagt der Sozialdezernent des Landkreises, Dusan Minic: „Es ist eine kuriose rechtliche Situation: Der Anspruch richtet sich gegen den Landkreis als Träger der örtlichen Jugendhilfe. Allerdings sind die Städte und Gemeinden verpflichtet, für ausreichend Kita-Plätze zu sorgen.“ Das mache die Situation schwierig, da der Kreis selbst keine Kitaplätze habe, aber Beklagter ist. Derzeit laufen drei weitere Klagen gegen den Kreis, die ähnlich gelagert sind.

Kreis tat alles in seiner Macht stehende

Minic: „Wir bestreiten in keiner Weise, dass es diesen Rechtsanspruch gibt und haben in Abstimmung mit den zuständigen Kommunen alles uns mögliche versucht, einen Kitaplatz zu organisieren. Doch es gibt einfach keine freien.“ Als zumutbar gilt ein Platz dann, wenn er entweder mit Bus und Bahn in 30 Minuten erreichbar ist oder nicht weiter als fünf Kilometer vom Wohnort entfernt liegt. Tatsächlich ist die Lage vor allem in den Großen Kreisstädten äußerst angespannt. In Böblingen fehlten zuletzt 350 Kitaplätze, weshalb die Stadt im Sommer einen Aufnahmestopp verhängt hat. Der Grund ist ein eklatanter Personalmangel. „Es gibt neu gebaute Kitas, in denen Räume leer stehen, es fehlt schlicht an Personal“, sagt Sozialdezernent Minic.

Allein in Böblingen waren zuletzt 20 Prozent der 248 vorhandenen Erzieher-Stellen unbesetzt. Die Stadt geht daher schon im Ausland auf die Suche nach Fachkräften und wirbt derzeit in Süditalien an. Außerdem wird eine übertarifliche Zulage von 300 Euro gezahlt, ähnlich in Sindelfingen. Trotzdem fehlt das Personal an allen Ecken, in vielen Einrichtungen können die vereinbarten Öffnungszeiten nicht eingehalten werden.

All dies reicht dem Gericht aber offenbar nicht als Nachweis, dass kein freier Platz verfügbar ist, sagt Minic. Um das Zwangsgeld wird der Kreis wohl nicht herumkommen.