Privatpersonen, die auf der städtischen Anlage Kirschen pflücken möchten, können sich bei Dietmar Schmah melden. Foto: Ines Rudel

In der städtischen Kirschenanlage unweit des Jägerhauses in Esslingen stehen seit 1948 rund 40 verschiedene, vor allem aber rare Kirschbäume. Privatleute können sich beim Grünflächenamt mit etwas Glück einen Baum reservieren und abernten.

Esslingen - Wer an Kirschen denkt, hat zweifelsohne die Farbe Rot vor dem geistigen Auge. Kirschrot eben. Glatt und fest müssen sie für die meisten zudem sein. Doch es gibt sie auch in gelb bis schwarz. Noch zahlreicher als ihre farblichen Facetten sind die noch existierenden Sorten. Allerdings erhält man die wenigsten davon heute noch im Handel. Wer statt Supermarktkirschen lieber mal eine Räte- oder Weberkirsche oder gar eine Esslinger Schecke im Körbchen haben möchte, kann sich an das Esslinger Grünflächenamt wenden. Denn unweit des Jägerhauses steht seit 1948 die städtische Kirschenanlage, die mit 40 überwiegend alten lokalen Sorten einen wahren Schatz birgt. Wer sich beim Grünflächenamt anmeldet, kann mit etwas Glück einen Baum reservieren.

 

„Früher hat man Bäume häufiger veredelt, denn es gab keine Baumschulen wie heute“, erklärt Dietmar Schmah vom Grünflächenamt in Esslingen. Kirschbaumbesitzer wandten sich daher an den Versuchsgarten, um Edelreiser zu erhalten. Bei der Veredelung handelt es sich um eine traditionelle Form der künstlichen vegetativen Vermehrung. Bekannt ist etwa das Pfropfen, wobei Edelreiser auf einen anderen Baum transplantiert werden und verwachsen. So ist es möglich, aus einem Obstbaum, der kaum Früchte hat, in kurzer Zeit einen zu machen, der wieder Obst trägt.

Sicherheitshalber in der Genbank in Schweden gebunkert

Als 1992 die sogenannte Virusverordnung kam, hat man die Veredelung eingestellt. Obstgehölze unterliegen der Virusverordnung und müssen aus Veredelungsunterlagen aus virusfreien und überprüften Mutterquartieren stammen.

Die Bäume stehen immer noch. „Besonders rare Sorten wollen wir erhalten“, betont Schmah. Von der Murgtalperle über die Streleskirsche bis zur Porzellanschecke stehen hier viele alte lokale Sorten, die es schon vor 200 Jahren gegeben hat, deren Namen den meisten jedoch wohl kaum mehr geläufig sein dürften. Die Porzellanschecke etwa sei der einzige Mutterbaum weit und breit, weshalb man die Sorte sicherheitshalber in der Genbank in Schweden gebunkert habe. „Die Streleskirsche dagegen ist eine Brennkirsche schwarzer Farbe“, sagt Schmah.

Einen Baum zu reservieren ist noch möglich

Nachdem man die geernteten Kirschen lange Zeit versteigert hat, können Privatpersonen sich heute beim Grünflächenamt melden und einen Baum abernten. „Vor 30 Jahren kamen oft türkische Familien zum Ernten. Die haben daraus ein Familienfest gemacht“, sagt Dietmar Schmah. Das gebe es heute allerdings nicht mehr.

Die Kirschen reifen nicht nur in gelb, schwarz und allen erdenklichen Rottönen, sondern haben auch eine unterschiedliche Blüte- und Reifezeiten. Daher haben Interessierte auch jetzt noch die Chance, sich einen Baum zu reservieren. Schmah schätzt, dass die Reife je nach Baum, noch bis Mitte Juli andauert. Wer Kirschen ernten möchte, kann sich bei Dietmar Schmah unter der Telefonnummer 07 11/ 35 12 34 33 oder via E-Mail an dietmar.schmah@esslingen.de melden.

Welche Zukunft die Kirschenanlage noch hat, darüber wird derzeit noch nachgedacht. Bislang ist die Anlage nicht frei zugänglich. Doch Dietmar Schmah zufolge sei langfristig angedacht, sie für interessierte Bürger zu öffnen.