Mit fünf Rettungshubschrauber wurden die Kinder auf Kliniken verteilt Foto: dpa

Die Evakuierung des Schlossgymnasiums in Kirchheim war eine der größten Aktionen des Rettungsdienstes in den vergangenen Jahren. Wer die hohe Rechnung bezahlt, steht noch offen.

Esslingen - Noch immer sucht die Polizei nach dem Täter, der am 7. April am Kirchheimer Schlossgymnasium Reizgas versprüht hat. Nach wie vor ist die Angabe einer Schülerin, ihr sei das Pfefferspray gestohlen worden und ein Unbekannter habe es im Schulgebäude versprüht, die einzige Erkenntnis, die die Polizei hat. Und selbst die ist mit einem Fragezeichen versehen, weil die fragliche Spraydose noch nicht aufgetaucht sei, berichtet die Reutlinger Polizeipressesprecherin Andrea Kopp. Die Ermittlungen gingen weiter, der Tatvorwurf lautet auf Körperverletzung.

Der Einsatz selbst sei einer der größten Rettungseinsätze der Esslinger Leitstelle in den vergangenen Jahren gewesen, berichtet Michael Wucherer von der Bereitschaft Esslingen-Nürtingen. Er hat den Einsatz gemeinsam mit der Feuerwehr und der Polizei geleitet. „Wenn mir damals jemand hätte unterschreiben können, dass es nur Pfefferspray gewesen wäre, dann hätten wir die Kinder auf dem Schulgelände behandeln können“, berichtet Wucherer. So aber ging der Einsatzleiter von einer unbekannten chemischen Substanz aus – und bei Kindern sind die Rettungsdienste immer doppelt vorsichtig. Dies war der Grund, warum von den 102 beeinträchtigen Kindern 42 Schüler, die es schwerer erwischt hatte, mit fünf Rettungshubschraubern in verschiedene Kinderkliniken gebracht wurden. Die anderen 70 Kinder sind vor Ort versorgt worden.

Eine Klinik kann höchstens vier Kinder gleichzeitig aufnehmen

Der Einsatz der Hubschrauber sei erforderlich gewesen, „weil eine Kinderklinik höchstens bis zu vier Kinder aufnehmen kann“, erklärt Wucherer. Das bedeutet, dass die Kinder weiträumig in den Kliniken im Großraum Stuttgart untergebracht werden mussten, und das relativ schnell. Das sei nur mit Hubschraubern möglich gewesen, die je zwei Kinder liegend transportiert hätten.

Nach diesem Ausnahmetag vor zwei Wochen ist die Schule wieder im Normalzustand angekommen. Die Schulleiterin Lucia Heffner lobt ihre Schüler genauso wie ihre Kollegen, die sehr diszipliniert die Schule geräumt hätten und den ganzen Einsatz über stets gelassen geblieben seien. „Wir machen regelmäßige Notfallübungen“, berichtet die Schulleiterin, das habe sich jetzt ausgezahlt. Auch seien die Kinder am nächsten Tag wieder fit gewesen. Trotzdem hat die Schule auch in den Osterferien ihre Schulsozialarbeiterin im Einsatz gehabt.

Vor allem die Hubschrauberflüge kosten viel Geld

Michael Wucherer geht von Kosten knapp unter 40 000 Euro aus, die vor allem die Hubschrauberflüge verursacht hätten. Wer die Rechnung des Einsatzes zahlt, ist ungewiss. Zunächst muss die Polizei den Täter ermitteln. Wenn er oder seine Eltern eine Haftpflichtversicherung haben, dann wäre sie in der Pflicht. „Eine Haftplicht springt bei fahrlässigen Handlungen ein“, sagt Dieter Keller, der Pressesprecher der Württembergischen Gemeindeversicherung in Stuttgart. Doch nicht in jedem Fall: Sollte der Täter jünger als sieben Jahre sein, dann fehle eine Einsichtsfähigkeit, erklärt Dieter Keller, und dann könne man nicht mehr von fahrlässigem Handeln sprechen. Der Schaden bliebe somit bei den Eltern hängen.

Ein eher theoretischer Ansatz, weil in einem Gymnasium die Schüler älter als sieben Jahre sind. Wird der Täter nicht ermittelt, muss die öffentliche Hand einspringen. Dabei geht es nur um den Rettungseinsatz. Weil die Polizei wegen einer Straftat ermittelte und ihrer originären Aufgabe nachkomme, sagt Andrea Kopp, entstünden wegen des Polizeieinsatzes keine Kosten.