Umworbene Braut: Das Dettinger Hallenbad Foto: Horst Rudel

Die Stadt Kirchheim und ihre Nachbargemeinde Dettingen streben beim gemeinsamen Hallenbadbetrieb eine Vernunftehe an. Die Vereinbarung, die Einrichtung weiter zusammen zu nutzen, soll bis Ende 2030 verlängert werden.

Kirchheim/Dettingen - Die Schwimmer und Schüler von Kirchheim erleben seit dem Jahr 2011 besonders trockene Winter – und das unabhängig vom Wetter. Vor fünf Jahren musste das baufällige Hallenbad geschlossen werden, weil Unterhalt und Sanierung jeden Kostenrahmen gesprengt hätten. Um Vereine und Schulen nicht ganz auf dem Trockenen sitzen zu lassen, ist die Stadt so lange beim Nachbarn Dettingen baden gegangen und hat in dessen Schul- und Vereinsbad Schwimmstunden eingekauft. Jetzt hat der Kirchheimer Gemeinderat diese „Vernunftehe“, wie sie Hans Kiefer, der Stadtrat der Christlichen Initiative Kirchheim, bezeichnet hat, bis zum 31. Dezember 2030 verlängert – nicht zuletzt deshalb, weil die Verwaltung mangels Geld einen Neubau des eigenen Hallenbads selbst mittelfristig nicht für möglich hält.

„Die Lösung, die wir gefunden haben, ist nicht aus der Not geboren. Es ist eine weise, beidseitige Vereinbarung“, so hat die Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker dem Gemeinderat in dessen letzten Sitzung vor Weihnachten die letztlich einmütig erfolgte Zustimmung schmackhaft gemacht. Eine Aufgabe, die dem Dettinger Bürgermeister Rainer Haußmann noch bevorsteht. Auch er wirbt im Vorfeld der Ratssitzung vom 16. Januar vehement für die „Win-Win-Situation“.

Beide Kommunen profitieren

Nicht nur Kirchheim, auch das rund 6000 Einwohner zählende Dettingen profitiert von der Vereinbarung. Die umworbene Braut war zuletzt ordentlich in die Jahre gekommen. Die ins Haus stehende Sanierung des Bades hätte die kleine Gemeinde gar nicht ohne fremde Hilfe stemmen können. Ohne die Kirchheimer Finanzspritze wäre das Wasser wohl in spätestens drei Jahren endgültig abgelassen worden.

„In dieser Situation haben wir den Impuls ,Zwei Kommunen – ein Bad’ nach Kirchheim gesandt“, sagt Haußmann. Die Botschaft ist offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen, auch wenn die Verlegenheitslösung nicht gerade ein Schnäppchen für die Kirchheimer ist. Um den Betrieb des Bades über das Jahr 2019 hinaus zu gewährleisten, muss die Teckstadt eine Aussteuer in Höhe von 2,1 Millionen Euro einbringen. Das ist laut dem der Vereinbarung zugrunde liegenden Verteilerschlüssel der Betrag, mit dem sich die Stadt an den auf rund drei Millionen Euro geschätzten Investitionskosten beteiligt.

Hinzu kommt ein Anteil an den jährlichen Betriebskosten. Die 350 000 Euro sollen ebenfalls nach dem Verteilungsschlüssel von 70 zu 30 in Rechnung gestellt werden. Im Gegenzug bekommt die Stadt Kirchheim nicht nur im Winter, sondern auch während der Sommersaison einen festen Anteil an Schwimmbahnen im Dettinger Hallenbad zugesichert.

„Unsere Visionen sind einem nüchternen Pragmatismus gewichen“, kommentierte Thilo Rose, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat, die Lösung. Der Platzbedarf für Vereine und Schulen sei gesichert. Geht es nach den Christdemokraten, dann könnte der Geist der Vereinbarung über das Jahr 2030 hinaus tragen. Der Plan, ein eigenes Hallenbad zu bauen, ist noch nicht begraben – und sei es, dass der Neubau dann in Kooperation mit den ebenfalls davon profitierenden Nachbargemeinden auf die Beine gestellt wird.

Ein Anbau soll errichtet werden

Bevor diese Vision Wirklichkeit wird, dürfte noch viel Wasser die Lauter hinunterfließen. Die Realität sieht nach Einschätzung von Walter Äeugle, dem Fraktionschef der SPD, anders aus. „Wir müssen beten, dass das dann immerhin schon 55 Jahre alte Hallenbad überhaupt bis zum Ende der Vereinbarung durchhält“, sagte er. Quasi zum Einstand bringt der große Nachbar noch 90 000 Euro mit. Mit dem Geld soll ein Anbau am beengten Hallenbad errichtet werden, in dem die Kirchheimer Vereine und Schulen ihr für den Schwimm- und Trainingsbetrieb notwendige Material lagern können.

Doch auch beim Partner wird der gute Wille deutlich. Die Sportfreunde Dettingen, deren Schwimmabteilung das Bad nun weiter nutzen kann, hat schon 15 000 Euro als Solidaritätsbeitrag für die Sanierung auf den Tisch des Hauses gelegt. „Den Sportlern ist das Hallenbad etwas wert. Das sehe ich als ein ganz starkes Signal auch in Richtung des Gemeinderats“, sagt Haußmann.