Der Sportplatz im Kirchheimer Teilort ist bis ins Frühjahr hinein unbespielbar. Foto: H. Rudel

Die Fußballer des TSV Jesingen stehen im Abseits. Engerlinge des Gartenlaubkäfers haben den Sportplatz in Beschlag genommen. Doch die Verteidigung formiert sich bereits.

Kirchheim - Er kam aus der Tiefe des Raums. Mit diesem Gegner haben die Fußballer des TSV Jesingen wirklich nicht gerechnet. Der SV Nabern? Geschenkt! Im Pflichtspiel der Kreisliga A 2 wurde der Nachbar mit einer 3:1-Niederlage wieder nach Hause geschickt. Die wahre Herausforderung lauert etwa eine Handbreit unter der Grasnarbe.

Die zweibeinigen TSV-Kicker, derzeit auf Platz 11 in der Tabelle, drohen über die sechsbeinigen Engerlinge des Gartenlaubkäfers zu stolpern. Die Siegchancen in dem ungleichen Duell stehen schlecht. Phyllopertha horticola, gemeinhin bekannt als Gartenlaubkäfer, kennt keine Freunde – nur den Hunger auf Graswurzeln. Die vielbeinigen Larven des Käfers machen auf dem top gepflegten Rasen im Stadion Lehenäcker im wahrsten Sinne des Wortes die Räume eng. Der Platz weist mittlerweile kuhfladengroße Kahlstellen auf.

„Auf 70 Prozent des Spielfelds löst sich die Grasnabe flächig ab“, sagt Dennis Koep, der Sprecher der Kirchheimer Stadtverwaltung. Als wäre das nicht des Übels genug, haben jetzt auch noch die Krähen den Sport- zum Fressplatz erklärt. „Unser Platzwart hat beobachtet, wie die Vögel auf der Suche nach den Engerlingen den restlichen Rasen beiseite scharren“, sagt Peter Martsch, der Chef der TSV-Fußballabteilung. Solchermaßen in die tierische Flügelzange geraten, ist der Platz in die Knie gegangen. Martsch geht davon aus, dass der Rasen bis zum nächsten Frühjahr nicht mehr genutzt werden kann.

Die Fußballspieler basteln an einem Notplan

„Wir haben 15 Mannschaften im Spielbetrieb und sind gerade dabei, die umliegenden Vereine zu bitten, uns mit freien Platzkapazitäten zu helfen“, sagt der Abteilungsleiter. Darum bemüht man sich inzwischen auch im Kirchheimer Rathaus. Um den Kickern zu helfen, hat sich das Grünflächenamt auf dem Transfermarkt für biologischen Pflanzenschutz umgesehen und ist bei einer Spezialfirma in Ammerbuch (Kreis Tübingen) fündig geworden.

Nematoden der Gattung Heterorhabditis sollen nun die Verteidigungslinie der Engerlinge durchbrechen. Vier Milliarden dieser rund 0,4 Millimeter langen Fadenwürmer, als Sprühlösung mithilfe einer Sprinkleranlage über den 8000 Quadratmeter großen Platz verteilt, machen nun Jagd auf die Insektenlarven. Ein gefundenes Fressen für die Würmer, die sich nun allerdings ein bisschen sputen müssen. Wenn es kälter wird, lassen sich ihre Gegner gerne in die Tiefe des Raums zurückfallen. „Damit die Würmer ihren Dienst verrichten, muss es wärmer als zwölf Grad sein“, sagt Koep. Wird es kälter, graben sich die Engerlinge tiefer ein und lassen die Angreifer ins Abseits laufen.

Beim Württembergischen Fußballverband (WFV) beobachtet man das Phänomen mit Interesse. „Mir ist in den vergangenen Jahren nichts Vergleichbares zu Ohren gekommen“, sagt Heiner Baumeister, der Abteilungsleiter Kommunikation. Eher sei es an der Regel, dass Sportplätze von Wildschweinhorden verwüstet würden. Das allerdings kann dem TSV Jesingen auch noch blühen. Auf der Speisekarte der Schwarzkittel steht der Engerling im Herbst ganz oben. Dann allerdings wäre es mit dem Langmut von Peter Martsch vorbei. Der Abteilungsleiter, als Mitglied der Schiedsrichtergruppe Nürtingen selbst ein Vertreter der respektablen Zunft der Schwarzkittel, würde nicht zögern, die Rote Karte zu zücken.