Geht es Bäumen an den Kragen, sind viele Bürger alarmiert. Foto: Horst Rudel/Archiv

In der Stadt hat sich die Initiative „Leben mit Bäumen“ gegründet. Die rund 40 Mitglieder wollen von der Verwaltung im Vorfeld von Fällaktionen nicht nur informiert werden, sondern auch über deren Notwendigkeit diskutieren.

Kirchheim - Wenn Bäume fallen, blutet vielen Bürgern das Herz. Das ist in der Stadt Kirchheim nicht anders. Dort hat sich am Donnerstagabend die Initiative „Leben mit Bäumen“ gegründet, die überzeugt davon ist, dass die Verwaltung in der Vergangenheit nicht nur marode und nicht mehr standsichere Bäume im Stadtgebiet gefällt hat. Ihr Ziel ist es deshalb, vor solchen Fällaktionen ausreichend informiert zu werden und diese mit der Verwaltung zu besprechen. Die Stadt beruft sich jedoch auf ihre Verkehrssicherungspflicht.

„Man kann auch halb so viel raushauen und dennoch seiner Verkehrssicherungspflicht nachkommen“, argumentiert Helge Wallhäußer-Schwenk, eines von rund 40 Mitgliedern der noch jungen Initiative. Als Beispiel nennt er acht stattliche Robinien auf dem zentralen Kichheimer Platz am Rossmarkt. Diese seien in einer einzigen Aktion der Kettensäge zum Opfer gefallen, obwohl „drei davon noch standsicher waren“. Nun spende an dieser Stelle kein einziger Baum mehr Schatten, vom tristen Anblick ganz zu schweigen. Hätte man die aus seiner Sicht noch sicheren Bäume stehen gelassen und die maroden durch neu gepflanzte ersetzt, wäre das die weitaus bessere Lösung gewesen, sagt Helge Wallhäußer-Schwenk.

Spielräume bei der Verkehrssicherungspflicht?

Er und seine Mitstreiter sind der Meinung, auch bei der Verkehrsicherungspflicht besitze die Stadt Spielräume, die es erlaubten beim Fällen von Bäumen „nicht die harte, sondern eine dezentere und moderatere Linie zu fahren“. Es sei nun mal ein Unterschied, ob ein vom Pilz befallener Baum beispielsweise an einem Radweg stehe, oder aber an einem wenig frequentierten Bachlauf „mit naturnaher Landschaft“.

Die Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sieht das anders. An dem Bach könnten spielende Kinder durch einen herabfallenden Ast gefährdet werden: „Wenn etwas passiert, dann haften wir.“ Das sei ein Risiko, das die Verwaltung ausschließen müsse. Zumal dann, wenn ein Gutachten bescheinige, dass dieser Baum krank sei und deshalb eine Gefahr darstelle. Dann müsse er gefällt werden. In diesem Fall gebe es keine „Möglichkeit zur Abwägung und keinen Beurteilungsspielraum“, erklärt die Rathauschefin, „da brauche ich nicht drüber zu diskutieren“. Wallhäußer-Schwenk hält dem entgegen, von allen bisher im Auftrag der Verwaltung gefällten Bäumen sei „mindestens die Hälfte standsicher“ gewesen. Dass ein Baum ab einem gewissen Alter angeschlagen sei, sei nicht ungewöhnlich. Aber deshalb müsse er nicht gleich abgesägt werden.

Stadt räumt Informationsdefizite ein

Zu Beginn der Fällaktionen im Stadtgebiet hätte die Informationspolitik der Verwaltung besser sein können, „da haben wir möglicherweise nicht ausreichend kommuniziert“, räumt Matt-Heidecker ein. Aber nach dem ersten Ärger in der Bevölkerung sei das deutlich verbessert worden, „wir haben sogar einen Rundgang angeboten, bei dem die Sachlage erläutert wurde“, sagt sie. Die neue Initiative „Leben mit Bäumen“ wolle jedoch über Fällungen nicht nur informiert werden, sondern auch darüber diskutieren: „Das stelle ich mir schwierig vor“, erklärt Matt-Heidecker.

Wallhäußer-Schwenk sieht in einer Absprache der Verwaltung mit der durch Naturschutzorganisationen unterstützten Initiative auch Vorteile für die Stadt. Sie spare Geld, wenn Arbeiten zeitlich gestreckt würden. Zudem gäbe es „weniger Ärger in der Bevölkerung“. Die nächste Diskussion steht jedoch schon an: Der Oberbürgermeisterin zufolge müssen auf dem Marktplatz drei Kastanienbäume gefällt werden, „die laut Gutachter krank sind“.