Der symbolische Spatenstich hat den Baubeginn markiert. Foto:  

Das Ende der Durststrecke: Nach 30 Jahren entstehen in Kirchheim wieder öffentlich geförderte Wohnungen. Die Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen erstellt am Bodelschwinghweg ein Mietswohnhaus für fünf Millionen Euro.

Kirchheim - Gerade mal 27 neue Wohnungen sind angesichts eines Fehlbestands von geschätzt rund 1300 Wohnungen in der Stadt nicht gerade die Welt. Trotzdem geht von dem symbolischen Spatenstich, mit dem am Donnerstag im Bodelschwinghweg 7 in Kirchheim der Neubau von 27 Genossenschaftswohnungen begonnen hat, eine Signalwirkung aus.

Mit dem Bauvorhaben steigt die Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen als Bauherrin erstmals nach knapp 30 Jahren wieder in den öffentlich geförderten Wohnungsbau ein. In neun der 27 Wohneinheiten, auf insgesamt rund 500 Quadratmeter Wohnfläche, sollen Mieterinnen und Mieter mit schmalem Geldbeutel zum Zuge kommen. Die Wohnungen werden durch die Landesbank Baden-Württemberg gefördert und zu entsprechend günstigen Konditionen auf den Markt gebracht. Wenn die Bauarbeiten nach Plan verlaufen, werden die ersten Bewohner zum Jahreswechsel 2020/2021 einziehen können.

Die Mieten werden 33 Prozent unter den Vergleichswerten liegen

„Die Mieten in den neun geförderten Wohnungen werden rund 33 Prozent unter den Vergleichsmieten in der Stadt liegen“, verspricht Bernd Weiler, der Vorstandssprecher der Baugenossenschaft. Weiler geht davon aus, dass die künftigen Mieter, vorausgesetzt, sie verfügen über einen entsprechenden Berechtigungsschein, auf den Quadratmeter heruntergerechnet einen Mietpreis zwischen 7,30 Euro und 7,40 Euro zahlen werden.

In den Genuss dieses bezahlbaren Wohnraums sollen in erster Linie Familien kommen, die bisher in beengten Verhältnissen leben. Aber auch für Alleinerziehende und Menschen, die in Trennung leben, sollen sich im Bodelschwingh-weg künftig die Türen öffnen.

„Für die Kreisbaugenossenschaft, die angesichts der nach dem Ersten Weltkrieg herrschenden Wohnungsnot vor genau 100 Jahren aus der Taufe gehoben worden ist, schließt sich ein Kreis“, sagt die Kirchheimer Oberbürgermeisterin, Angelika Matt-Heidecker. Wieder herrsche Wohnungsnot, wieder würden Menschen, wenn auch aus anderen Gründen, dringend eine Unterkunft benötigen.

Fünf Millionen Euro in die Hand genommen

Um dieses Bedürfnis wenigstens zum Teil zu stillen, nimmt die Kreisbaugenossenschaft im Bodelschwinghweg rund fünf Millionen Euro in die Hand. Das mit der Ausführung beauftragte Bauunternehmen Mörk GmbH aus Leonberg (Kreis Böblingen) wird als Generalübernehmer den 1744 Quadratmeter Wohnfläche fassenden Bau in Form eines U auf den Zwickel zwischen der Tannenbergstraße und dem Bodelschwinghweg stellen.

Um den Platz sinnvoll auszunutzen, musste die Kreisbaugenossenschaft zusätzlich zu ihrem eigenen 2000 Quadratmeter großen Bauplatz das benachbarte, 1500 Quadratmeter große städtische Grundstück kaufen. „Auch ohne förmlichen Vertrag klappt die Zusammenarbeit mit der Stadt Kirchheim sehr gut“, fasst Georg Hörmann, der Technische Vorstand der Kreisbaugenossenschaft, zusammen.

Und das nächste Projekt wirft schon seine Schatten voraus. In der Schöllkopfstraße 103-105 wird die Genossenschaft ein Mietshaus mit 40 Wohnungen erstellen. „Die Baugenehmigung ist heute morgen per Post gekommen“, sagt Weiler.

Genossenschaft besteht seit 100 Jahren

Im Kirchheimer Gasthof zum Tyroler haben sich – auf Einladung des Konsumvereins Kirchheim und des Oberamtsvorstandes – am Sonntag, 22. Juni 1919, „nachmittags 3 1/2 Uhr“, rund 300 Menschen versammelt, um Zeuge der Gründung der Bezirksbaugenossenschaft Kirchheim unter Teck zu werden. Gegenstand des Unternehmens war „die Herstellung und Beschaffung gesunder und billiger Wohnungen für die minder bemittelten Volkskreise“. Am Ende des Tages zierten 117 Unterschriften Kirchheimer Bürger die Gründungsurkunde.

Ein Jahr später ist mit dem Bau von Wohnungen in der Ölstraße, der Jesinger Straße und der Lindorfer Straße begonnen worden. Im Jahr 1921 folgten 19 Wohnungen in der Siedlung Klostergärten und 34 Wohnungen im Paradiesle. In den ersten zehn Jahren nach der Gründung wurden 155 Wohnungen errichtet. 100 Jahre später zählt die zwischenzeitlich mit den Genossenschaften im Lenninger Tal, in Nürtingen und in Plochingen verschmolzene Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen 3844 Mitglieder und verwaltet einen Bestand von 1640 Wohnungen.