Gebhard Fürst (li.) und Otfired July beim Kirchentag in Stuttgart Foto: StN

July und Fürst werben mit Nachdruck für die Ökumene. Es gelte „nicht einzuschlafen“. „Die Ökumene braucht neue Impulse. Wir müssen unsere ökumenischen Lichtvorräte auffüllen“, sagt July.

Stuttgart - Die Ökumene – ein großes Thema auf dem Kirchentag. Aber kommt sie so richtig voran? Der gastgebende Bischof der evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July und Gebhard Fürst, katholischer Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, geben sich seit vielen Jahren große Mühe, Fortschritte im Kleinen zu erzielen. So ist auch ihre gemeinsame Bibelarbeit am Samstagvormittag über die klugen jungen Frauen (Matthäus 25, 1-13) zu sehen. Die Örtlichkeit – die Straßenbahnwelt in Cannstatt – ist allerdings wenig geeignet, der Ökumene einen prominenten Platz zu geben. „Man könnte meinen, sie sei auf dem Abstellgleis“, witzelt July angesichts der ausrangierten Straßenbahnen um ihn herum. Gleichwohl werben beide, July und Fürst, mit Nachdruck für die Ökumene. Es gelte „nicht einzuschlafen“. „Die Ökumene braucht neue Impulse. Wir müssen unsere ökumenischen Lichtvorräte auffüllen“, sagt July in Anspielung auf das Gleichnis von den Jungfrauen, die unterschiedlich mit Lampenöl haushalten.

July und Fürst sehen viele Gemeinsamkeiten. Bei vielen wichtigen Fragen träten die großen christlichen Kirchen heute schon gemeinsam auf, betonen sie. Als Beispiele nennen sie die Themen Flüchtlinge, soziale Gerechtigkeit, Klimawandel, Christenverfolgung und den Schutz menschlichen Lebens. „Ich werde meine ganze Leidenschaft einsetzen, weitere größere Schritte zu tun“, sagt July. Das deckt sich mit der Haltung seines katholischen Bischofskollegen, der dafür wirbt, von Ökumene nicht nur zu reden sondern auch zu handeln: „Wir sollten alles dafür tun, dass wir alle eins sind“, sagt Fürst. Als eine Zuhörerin später bittet, ein Foto mit den beiden Bischöfe machen zu dürfen, rücken July und Fürst Schulter an Schulter zusammen. „Wie Zwillinge“, sagt jemand. „Ja – aber zweieiige“, sagt Fürst mit einem Lachen.

Denn Unterschiede bleiben – etwa beim strittigen Thema Abendmahl für Eheleute, die unterschiedlichen Konfessionen angehören. „Die Frage, wie wir mit den konfessionsverbindenden Familien umgehen, gehört dringend auf die Agenda“, sagt der Protestant July. Fürst ist dies ebenfalls ein Anliegen, doch die katholischen Mühlen mahlen in diesem Punkt langsam: „In unseren Gemeinden werden evangelische Ehepartner beim Abendmahl nicht abgewiesen. Aber wir laden sie noch nicht aktiv dazu ein.“ Ginge es nach Fürst, dann fiele dieses „noch“ zeitlich eher kürzer aus als länger. Einschränkend fügt er hinzu: „Ich kann den Konsens in der katholischen Kirche nicht von mir aus verlassen.“

Und was ist mit dem Vorschlag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten vorgeschlagen hat, bald nur noch ökumenische Kirchentage auszurichten? July ist skeptisch: „Dazu kommt es so schnell nicht." Er würde sich jedoch eine engere Frequenz ökumenischer Kirchentage wünschen. Bisher fanden erst zwei statt – 2003 in Berlin und 2010 in München. Auch Fürst kann sich nicht vorstellen, dass ökumenische Kirchentage anstelle des Katholikentags und der evangelischen Kirchentage treten. Dazu seien die theologischen Unterschiede zwischen den Kirchen einfach noch zu groß. Solange diese bestünden, wären gemeinsame Kirchentage vorwiegend „politisch-kulturelle Ereignisse“. Die Christentreffen sollen jedoch mehr beinhalten. Dennoch gibt es auch Bemühungen. Der nächste ökumenische Kirchentag könnte 2019 stattfinden, sagt Fürst. Davor feiern die Protestanten erst mal ausgiebig die Reformation.