In Baden-Württemberg gibt es laut Bamf derzeit zwölf Dublin-Fälle, in denen Kirchenasyl gewährt worden ist. Foto: dpa

Kirchengemeinden können eine Abschiebung abwenden, indem sie eine ausreisepflichtige Person bei besonderen Härten bei sich aufnehmen. Der Staat respektiert das. Doch ist es eine besondere Härte, wenn Betroffene in ein anderes EU-Land müssen?

Stuttgart - Die AfD im baden-württembergischen Landtag wirft mehreren Kirchengemeinden in Baden-Württemberg vor, beim Kirchenasyl eine bundesweite Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den Kirchen zu missachten. Wie aus einer Antwort von Innenminister Thomas Strobl (CDU) auf einen AfD-Antrag hervorgeht, gibt es derzeit zwölf Personen, die ausreisepflichtig sind, die nach der sogenannten Dublin-Verordnung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) überstellt werden sollen und denen Kirchenasyl gewährt worden ist. Die evangelische und die römisch-katholische Kirchen selbst sprechen von sechs Fällen.

Vertreter des Bamf und die Bevollmächtigten der evangelischen und katholischen Kirche hatten im Februar 2015 vereinbart, dass eine anstehende Überstellung in einen Unterzeichnerstaat der Dublin-Verordnung allein „keinen ausreichenden Anlass für die Gewährung von Kirchenasyl“ darstellt. Es müsse "begründbare und belegbare individuelle Härten" geben. Die Dublin-Regelung besagt, dass ein Flüchtling in dem Land Asyl beantragen muss, in dem er den EU-Raum erstmals betreten hat.

AfD: Es geht um Staaten, in denen andere Urlaub machen

Welche Kirchengemeinden es sind, die den sogenannten Dublin-Fällen Unterschlupf in ihren Räumlichkeiten – etwa Gemeindezentren oder -häusern – gewähren, um eine drohende Abschiebung zu verhindern, ist dem Innenministerium nicht bekannt. Kirchenasyl spiele im Südwesten ohnehin keine nennenswerte Rolle, sagte ein Ministeriumssprecher.

Der AfD-Innenpolitiker Daniel Rottmann kritisierte, dass die Zahlen der Dublin-Fälle von vier im April 2017 auf zwölf im April 2018 kletterten und die Kirchen offenbar offen gegen die Absprache verstoßen. „Die Kirchen haben falsches Zeugnis abgelegt“, sagte Rottmann. „Einige ihrer Gemeinden unterhöhlen die Rechtsordnung.“ Er wies darauf hin, dass es sich nicht um Abschiebungen in die Heimatländer, sondern in andere EU-Länder gehe. „Die Betroffenen ‚flüchten‘ also in Kirchen, nicht um der Abschiebung in Elendsstaaten zu entgehen, sondern in Staaten, in denen andere Urlaub machen und in denen ihr Auskommen gesichert ist“, betonte Rottmann.

Laut Innenminister Strobl ist eine Abschiebung aus Räumlichkeiten einer Kirche zwar rechtlich nicht untersagt, sie finden aber „bislang“ nicht statt. Das Bamf und die Kirchen hatten vereinbart, dass die christllich-humanitäre Tradition des Kirchenasyls „nicht infrage gestellt“ werde. Das Oberlandesgericht (OLG) München machte zuletzt aber deutlich, dass das Kirchenasyl kein in der geltenden Rechtsordnung anderkanntes Rechtsinstitut ist und es dem Staat daher kein Handeln verbietet oder ihn auch nicht zum Dulden zwingt.