Detail zum Thema Pfingsten aus dem Rosenkranz des „Englischen Grußes“ des deutschen Bildhauers, Malers und Kupferstechers Veit Stoß. Foto: dpa

Die Taube gilt im Christentum als Symbol für den Heiligen Geist. Dabei kommt sie am Pfingsttag gar nicht vor, sondern flattert bei der Taufe Jesu im Jordan vom Himmel herab.

Stuttgart - In der Domitilla-Katakombe an der Via Ardeatina außerhalb der alten römischen Stadtmauern findet sich eine Steintafel mit einer Taube, die einen Olivenzweig im Schnabel hält. Katakomben waren unterirdische Begräbnisstätten, die den frühen Christen als Zufluchts- und Versammlungsort dienten. Religionen haben es grundsätzlich mit Tieren. Alles mögliche Getier, das unter dem Himmel kreucht und fleucht, hat eine besondere symbolische Bedeutung.

 

Heute werden „Columbidae“ – so der lateinische Name für Tauben – als „Ratten der Lüfte“ gebrandmarkt und vielerorts mit Gift und Flinten verfolgt. In der Antike galt der anpassungsfähige und fruchtbare Vogel, dessen männliche Vertreter während der Balz die typischen Gurr-Laute von sich geben, als Sinnbild der Liebe, des Friedens und der Sanftmut.

Da Tauben keine Gallenblase besitzen, nahm man zu früheren Zeiten an, dass sie frei von Bitterem und Bösem seien. Bei den alten Germanen galten sie als Seelenvogel. In der Bibel lässt Noah nach der Sintflut drei Tauben fliegen. Als die letzte von ihnen mit einem frischen Ölzweig zurückkehrt, weiß der Arche-Kapitän, dass Land in Sicht ist und Rettung naht.

Im Christentum wird die Taube als Symbol des Heiligen Geistes verehrt. Am fünfzigsten Tag nach Ostern wird sein Fest gefeiert: Pfingsten, die Herabkunft des Geistes auf die in Jerusalem versammelten Jünger und Apostel Jesu. Dabei kommt die Taube in der Pfingsterzählung überhaupt nicht vor. Gottes Geist nimmt in der Apostelgeschichte (2, 1-41) die Gestalt von Feuerzungen an. Dort heißt es in Kapitel 2, Vers 1-4:

„Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“

Tatsächlich flattert der Heilige Geist als Taube im neutestamentlichen Johannes- und Matthäus-Evangelium bei der Taufe Jesu im Jordan auf den Messias herab:

„Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb“ (Johannes Kapitel 1, Vers 32).

„Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen“ (Matthäus Kapitel 3, Vers 16).

Seit die christliche Kunst dieses Bild in der Spätantike aufgegriffen hat, bevölkern ganze Scharen des Federviehs – in der Regel ganz in weiß – Kirchen und Museen. In der real existierenden Kirche hingegen ist das geisterfüllte Gurren eher seltener zu hören.