Szene aus dem Film „Was sie schon immer über Sex wissen wollten“: Die Spermien bereiten sich auf den Orgasmus vor. Das Exemplar mit der schwarzen Hornbrille (2. v. re. Woody Allen) hat Angst, weil es nicht weiß, was passieren wird Foto: obs/Tele 5

Im Oktober beginnt im Vatikan der zweite Teil der Familiensynode. Die katholischen Bischöfe werden wieder über Ehe, Familie und Sex reden. Woody Allens Kultfilm könnte dabei hilfreich sein.

Stuttgart - Kennen Sie Woody Allens Kultfilm „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“. Der 1972 gedrehte Streifen des amerikanischen Meisterregisseurs und Schauspielers ist eine köstlich-schräge Parodie auf das Ende der 1960er erschienene populäre Sexualkunde und Aufklärungsbuch des US-Arztes und Psychiaters David Reuben.

Mit einer Gesamtauflage von rund 150 Millionen Exemplaren hatte es großen Einfluss auf die Sexualerziehung vor allem in den USA. In sieben Episoden beantwortet Woody Allen auf sehr originelle Art einige der im Buch gestellten Fragen. Wirken Aphrodisiaka? Sind Transvestiten homosexuell? Was ist Perversion, was Sodomie?

Zweite Runde der katholischen Familiensynode

Der Film vermittelt das Thema Lust und Sex auf überaus amüsante, humoristische und intelligente Weise – was man von entsprechenden Dokumenten der Katholischen Kirche nicht behaupten kann. Kürzlich hat Papst Franziskus Bischöfe aus aller Welt zur zweiten Runde der „Familiensynode“ eingeladen, die vom 4. bis 25. Oktober in Rom stattfinden wird.

Bereits im vergangenen Herbst hatten Reformer und Traditionalisten sich die Köpfe heiß geredet. Um über die Lebenspraxis der Gläubigen besser Bescheid zu wissen, hat der Vatikan wie schon im vergangenen Jahr einen Fragebogen an Gläubige verschickt, in denen sie nach ihrer Einstellung zu Familie und Sexualität und zur gelebten Praxis befragt werden.

Schon die Antworten auf den ersten Fragebogen haben niemanden wirklich überrascht. Nur noch wenige Katholiken folgen der kirchlichen Moraldoktrin. Die meisten befürworten ein Zusammenleben ohne Trauschein und Verhütungsmittel. Die offizielle Lehre, dass Homosexualität etwas „Ungeordnetes“ sei, lehnen sie genauso ab wie den Ausschluss wiederverheiratet Geschiedener von der Kommunion.

Unverständliche und lebensferne Fragen

Nun will der Vatikan der Pikanterie erneut auf den Grund gehen und wissen, was die Kirche tun kann, damit die Menschen sich ändern und wieder den Pfad der Tugend einschlagen. Wohlgemerkt: Nicht die Kirche soll sich wandeln, sondern die Gläubigen sollen sich ändern!

Das Problem ist nur: Viele der Fragen gehen am Leben der Menschen völlig vorbei, sind theologisch verquast und schlicht unverständlich. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat das Vorbereitungsdokument mit dem Fragebogen ins Internet gestellt (www.dbk.de/themen/bischofssynode/).

Nachfolgend einige Kostproben.

Wert der Ehe, Geschiedene, Homosexualität

Zum Wert der Ehe:

„Welche humane Pädagogik sollte – in Übereinstimmung mit der göttlichen Pädagogik – angewandt werden, um besser zu verstehen, was von der Pastoral der Kirche im Hinblick auf das Wachstum im Leben der Paare hin auf eine zukünftige Ehe gefordert wird?“

Zu Ehen ohne Trauschein:

„Welche Kriterien für eine rechte pastorale Unterscheidung der einzelnen Situationen können im Licht der Lehre der Kirche, für welche die Wesenseigenschaften der Ehe Einheit, Unauflöslichkeit und Offenheit für das Leben sind, angedacht werden?“

Zu wiederverheiratet Geschiedenen:

„Ist die christliche Gemeinschaft bereit, sich der verwundeten Familien anzunehmen, um sie die Barmherzigkeit des Vaters erfahren zu lassen? Was können wir tun, um die sozialen und ökonomischen Faktoren, die sie oft bestimmen, zu beseitigen? Welche Schritte wurden im Hinblick auf das Wachsen dieser Tätigkeit und des missionarischen Bewusstseins, das sie trägt, unternommen; welche sind noch zu gehen?“

Zur Homosexualität:

„Wie richtet die christliche Gemeinschaft ihre pastorale Aufmerksamkeit auf Familien, in denen Menschen mit homosexuellen Tendenzen leben? Wie kann man sich im Licht des Evangeliums um Menschen in diesen Situationen kümmern, und dabei jede ungerechte Diskriminierung verhindern? Wie kann man ihnen die Erfordernisse des Willens Gottes in ihrer Situation deutlich machen?“

Sex und Kirche – ein heikles Thema

Sex und Kirche – ein heikles Thema

Nach Ansicht des Trierer Bischof Stephan Ackermann muss die Kirche mit den Menschen wieder ins Gespräch über Themen rund um Erotik und Liebe kommen. Ziel müsse es sein, „vom Evangelium her Orientierung zu geben in der Vielfalt“ der unterschiedlichen Lebens- und Zugangsformen von Sexualität. Dass die Kirche mit solcher Offenheit wieder über Sexualität spreche, sei „Herausforderung und Chance zugleich“.

Damit spricht Ackermann – mit 52 Jahren einer der jüngsten deutschen Oberhirten – dem 78-jährigen Papst aus der Seele. Franziskus hat die Familiensynode ins Leben gerufen, um sein Lieblingsprojekt, die Öffnung der Kirche für die moderne Welt, weiter voranzutreiben. Dabei hat schon die erste weltweite Umfrage deutlich gezeigt, was die Gläubigen über die kirchliche Morallehre denken: Für die meisten ist sie eine Ansammlung lebensfremder Regeln und lustfeindlicher Verbote.

Nun sollen die Synodalen im Vorfeld darüber nachdenken, was man besser machen könnte. Anders gesagt: Wie man die verstaubte Morallehre überzeugender und einfühlsamer an die Frau und den Mann bringen kann.

Ein Vorschlag zur Güte: Vielleicht sollten die im Oktober in Rom versammelten Bischöfe anstatt kryptische theologische Texte zu produzieren einfach mal Woody Allens köstlich-amüsanten Streifen zusammen anschauen.

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