Um Kirchturme geht es auf der Facebook-Seite unter anderem, mit der das Projekt „Kirche online“ startet. Foto: Pascal Thiel

Virtuelle Welt wird zum Kirchenraum – der Waiblinger Kirchenbezirk startet über soziale Medien ein Pilotprojekt der Landeskirche.

Online-Kirche - Inwieweit lassen sich Kirche, Glaube, Gemeinschaft im „Neubaugebiet digitale Welt“ ausleben? Der Waiblinger Dekan Timmo Hertnek wählt für die neuen Onlinepläne des Evangelischen Kirchenbezirks das Bild von einer städtebaulichen Entwicklung. Im Gegensatz zu deren geplanter Struktur – samt notwendigen oder gewünschten öffentlichen Einrichtungen – sei das „Internet wild entwickelt, ungeplant“. Ein wild wucherndes Neubaugebiet quasi, in dem der Kirchenbezirk Waiblingen künftig mit einer eigenen Anlaufstelle präsent, ansprechbar und kommunizierend vertreten sein will. Nicht nur mit einer Homepage oder einfacher Facebookseite, sondern erreichbar und als Partner auf allen heutigen und künftigen Kanälen der sozialen Medien.

Orte der Information und Begegnung

„Kirche online“ nennt sich das Pilotprojekt der Evangelischen Landeskirche, für das extra feste Stellen für Jonas Dietz, den Referenten für Neue Medien, und Benjamin Nölke den Bezirksjugendreferenten der Evangelischen Jugend Württemberg (EJW) geschaffen worden sind. Ihnen steht im Waiblinger Bauteam für die Online-Kathedrale der Pfarrer und Dekansreferent Tobias Küenzlen als Mann für digitale Seelsorgefälle zur Seite. „Hier möchten wir zusammen mit allen interessierten Menschen ein digitales Kirchengebäude aufbauen. In seinen ‚Zimmern’ bieten wir Anlaufpunkte für verschiedene Zielgruppen, wodurch Orte der Information, der Begegnung und der Kommunikation entstehen“, so die virtuellen Bauherren.

Den Beginn für die geistliche Bauoffensive in der virtuellen Welt, den Spatenstich für die digitale Begegnungsstätte quasi, markiert nun der – ausdrücklich nicht als Aprilscherz gedachte – Start der bezirksweiten Facebook-Seite „fb.me/Kirchenbezirk.Waiblingen“ just am 1. April diesen Jahres. Historie, Bedeutung und allerlei Diskussionsaspekte von Kirchtürmen, wie der vielerorts schwelende Streit ums Glockenläuten, bilden hier eines der Auftaktthemen, zu denen Beiträge eingestellt werden – mit der Hoffnung auf Interesse und Diskussionsbeiträge. Klar sei eines: „Wir sind kein kirchliches Amtsblatt.“

Kirchtürme und Osterlachen

Ein weiteres Startthema, ergänzt Tobias Küenzlen, wird der weitgehend in Vergessenheit geratenen mittelalterliche Brauch des Osterlachens sein. Da hätten die Online-Kirchenleute ein Video dazu parat, das einfach jeden zum Mitlachen bringen soll. Kontroversere Themen zu Online-Diskussionen, die werde man sich allerdings noch etwas aufsparen, bis die eigenen Plattform etwas bekannter ist, ergänzt Medienreferent Dietz – „die wären sonst verschenkt“. Ein weiteres Ziel sei es, „Zugänge zu theologischen Themen und spiritueller Praxis zu ermöglichen“. Und zwar vor allem auch Menschen, die bisher – zum Beispiel aus Scheu vor den realen Kirchenräumen – mit Kirche im Alltag keinen Kontakt hätten.

Zentraler Bestandteil des Aufbauprozesses sei die sogenannte „n:n-Kommunikation“: viele Sender kommunizieren mit vielen Empfängern. So könnten alle interessierten Personen auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch kommen. Der lokale Bezug des Kirchenbezirks sei wichtig, weil dies Wechselwirkungen zwischen digitalem und physischem Kirchenraum ermögliche – „aber auch Menschen außerhalb des Bezirks sind herzlich willkommen.“

Im Anschluss an den Start auf Facebook am 1. April sollen in Kooperation mit dem EJW die Arbeiten an Kanälen anderer Netzwerke beginnen. Gedacht ist vor allem an Instagram, Youtube oder Snapchat – mit Angeboten und Kontaktmöglichkeiten für Jugendliche und junge Erwachsene.