Die Teilnehmer diskutieren rege und halten ihre Ergebnisse fest. Foto: Jacqueline Fritsch

Viele Kirchen haben sonntags mit leeren Kirchenbänken zu kämpfen. Auch in der katholischen Gemeinde in Stuttgart-Sillenbuch kommen gerade einmal zehn Prozent der Mitglieder zum Gottesdienst. Ein paar Ideen, wie sich das ändern ließe.

Sillenbuch - Immer mehr Menschen kommen nur noch an Weihnachten, Ostern oder zu Feiern wie Hochzeiten oder Taufen in die Kirche. Der Gottesdienst an einem normalen Sonntagmorgen ist meist schlecht besucht. In die katholische Kirche Sankt Michael Sillenbuch zieht es sonntags 200 bis 300 Menschen. „Damit sind wir eine relativ gut besuchte Kirche“, sagt Christoph Nowag, zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderats. Trotzdem sind das nur etwa zehn Prozent der Gemeindemitglieder.

„Gottesdienst neu gedacht“ war das Thema bei einem Treffen vergangene Woche. Gemeindemitglieder sollten die Chance haben, die Zukunft des Gottesdienstes mitzugestalten. „Wir hoffen, dass Sie heute Ihre Ideen, Wünsche und Hoffnungen einbringen“, sagte der Pfarrer Stefan Karbach. Und das nicht in einer großen Diskussionsrunde, sondern in kleinen Gruppen an verschiedenen Thementischen.

Rund 30 Leute sind der Einladung gefolgt. Der Pfarrer Karbach zeigte sich einerseits erfreut darüber, dass sich so viele Menschen beteiligen wollen, andererseits waren es die üblichen Verdächtigen, also Leute jener zehn Prozent, die eh in den sonntäglichen Gottesdienst kommen. „Es ist schon relativ intern jetzt, es hätten noch mehr Menschen teilnehmen können, die sonst nicht in die Kirche gehen“, meinte er. Das war ja Sinn der Veranstaltung: mehr neue Gesichter in den Gottesdienst zu locken und es denen, die regelmäßig kommen, noch angenehmer zu machen.

Stille oder keine Stille nach der Predigt?

Christine Zimmermann hätte gerne, dass die Kerzen wieder auf dem Altar und nicht seitlich davon stehen. „Das ist für mich stimmiger, weil das hier am Anfang so war und auch in allen anderen Kirchen, in denen ich bisher war“, sagte sie. In der Gruppe herrschte zudem Einigkeit über das Anliegen von Heinz Oberdorfer: „Viele sind schon nach Hause gegangen, weil sie aufs Klo mussten“, sagte er. Deshalb wäre es gut, wenn man die Toilette in der Kirche zugänglich machen und ausschildern würde. Ein weiteres Problem sei, dass man den Pfarrer nicht verstehe, sobald er sich ein Stückchen vom Mikrofon wegdrehe. Christoph Nowag meinte, dass man dieses Problem durch ein Ansteckmikrofon lösen könnte. „Das können wir mal ausprobieren“, sagte er.

An einem anderen Thementisch ging es darum, ob es während des Gottesdienstes genügend Raum für Stille gibt. Schwester Daisy fände es gut, wenn auf die Predigt ein paar Minuten Stille folgen würden. „Wenn die Predigt so richtig ins Herz geht, möchte ich danach ein bisschen Zeit haben, um darüber nachzudenken“, sagte sie. Eine Teilnehmerin sieht das anders: „Ich muss nicht unbedingt im Gottesdienst Stille haben, die kann ich auch zu Hause haben“, sagte sie. In der Kirche möchte sie lieber Impulse bekommen, um dann zu Hause in Ruhe darüber nachzudenken. Einer anderen Frau ging es eher um den Inhalt der Predigten: „Wenn der Inhalt nicht mit meinem Verständnis vom katholischen Glauben übereinstimmt, steigt in mir Ratlosigkeit und Frust auf“, sagte sie. Sie dachte außerdem an Menschen, denen es im Leben gerade nicht so gut geht. „Es wird immer vom guten Gott gesprochen und dass wir alles haben, aber wer gerade schwere Zeiten durchmacht, fühlt sich da vielleicht nicht so ernst genommen“, sagte sie.

Kirchengemeinderat entscheidet über Umsetzungen

Jeder Teilnehmer schrieb seine Ideen auf ein Plakat, das am jeweiligen Thementisch lag, sodass die nächste Gruppe an diesen Gedanken anknüpfen konnte. Die Plakate werden in den kommenden Wochen ausgewertet. „Wir schreiben das jetzt alles etwas ausführlicher auf, damit ein Ausschuss des Gemeinderats das sichten und entscheiden kann, was einfach umzusetzen ist und worüber man noch einmal sprechen sollte“, sagte Karbach. Für ihn ist es wichtig, mit den Gemeindemitgliedern ins Gespräch zu kommen: „Dieser Dialog sollte niemals enden.“ Denn letztlich möchte man ja erreichen, dass mehr als zehn Prozent der Gemeindemitglieder zum Gottesdienst kommen.