In dem Stadtteil werden am Sonntag lediglich vier Jugendliche konfirmiert. Das ist vor allem demographischen Ursachen zuzuschreiben. Die Gruppe und Pfarrer Jürgen Spohn sehen darin allerdings keine Nachteile.
Fasanenhof - Zwei Jungs und zwei Mädchen stehen in blauen Kitteln an den Werkbänken im Kreativbereich der Bonhoeffer-Kirche am Fasanenhof. Pinsel und Farbtuben liegen bereit. Es riecht nach Acryl. Die vier sind der komplette Konfirmandenjahrgang 2017. „Es ist total entspannt, so eine kleine Gruppe zu sein“, verkündet Joshua (13) gut gelaunt. Das mag auch daran liegen, dass Pfarrer Jürgen Spohn die kleinen pubertären Anwandlungen seiner Schützlinge gelassen hinnimmt. „Wir waren früher doch auch nicht anders“, gibt er zu bedenken. Im Grunde sind ja auch alle bei der Sache und geben ihr Bestes, die selbst ausgesuchten Segenssprüche visuell umzusetzen. Das Ergebnis soll im Rahmen des Konfirmationsgottesdienstes am 7. Mai der Gemeinde präsentiert werden.
„Das ist nicht so mein Ding“, räumt Joshua ein. Annalisa hingegen behauptet selbstbewusst, sie habe kein Problem damit, vor anderen Menschen zu sprechen. „Ich habe auch schon häufiger mit der Geige vorgespielt“, erklärt sie und verbreitert die helle Spur, die sich auf ihrer Leinwand einen Weg durch das Dunkel bahnt. Das Zitat aus Psalm 43,3 hat sie sich mit Kugelschreiber auf die Hand notiert: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten.“ Für die 13-Jährige war es keine Frage, sich konfirmieren zu lassen. Sie habe das im vergangenen Jahr bei ihrem großen Bruder erlebt, sagt sie. Es gehöre für sie einfach dazu. „Ich mache das wegen des Glaubens“, meldet sich der gleichaltrige Felix zu Wort, der erst getauft wurde, als die kleine Gruppe am großen Konficamp Konmare in Rosolina Mare, rund 30 Kilometer südlich von Venedig, teilgenommen hat: Nicht in einer Kirche, sondern im Meer. „Das war witzig“, blickt er zurück. Die Familie war nicht vor Ort. Sie musste mit einem Film von der Zeremonie vorliebnehmen.
Ein Blick über den eigenen Kirchturm hinaus
Wer sich nicht konfirmieren lässt, scheint eine Menge zu verpassen, zumal Spohn ein Pfarrer ist, dem es neben der Vermittlung von Glaubensinhalten auch darum geht, dass die Jugendlichen etwas erleben. Trotzdem lässt sich längst nicht mehr jeder nochmals feierlich in die Gemeinde aufnehmen. „Wir haben einige Leute an der Schule, die evangelisch sind, sich aber nicht konfirmieren lassen“, so Joshua. Soweit er wisse, hätten deren Eltern das so bestimmt.
Daneben gebe es im Fasanenhof viele Christen anderer Kirchen, etwa russisch-orthodoxe Glaubensbrüder, deren Kinder zwar am Religionsunterricht teilnähmen, aber sich natürlich nicht konfirmieren ließen, versucht sich Spohn an einer Erklärung für die verblüffend kleine Gruppe. Im kommenden Jahr wird er sieben Konfirmanden haben. „Die natürliche Schwankung in der Jahrgangsstärke spielt natürlich auch eine Rolle“, überlegt der Seelsorger. „In Sonnenberg sind es dieses Jahr 29 Konfirmanden. 2018 werden es dort aber auch wieder nur halb so viele sein, soweit ich weiß.“
Für größere Unternehmungen kooperiert man ohnehin gerne mit anderen Gruppen. Spohn sieht das als Bereicherung: „Konfirmation bedeutet für mich immer auch, über den eigenen Kirchturm hinauszublicken und zu sehen, was sich außerhalb abspielt.“ Ein Besuch der Vesperkirche in der Leonhardskirche gehört daher ebenso fest zum Programm wie Veranstaltungen der Jugendkirche.
Die kleine Gemeinschaft wächst zusammen
Michelle (15) ist bereits seit 2016 konfirmiert. Nun begleitet sie den nächsten Jahrgang auf dem Weg zur offiziellen Aufnahme in die Gemeinde. An ihrer Motivation lässt sie keinen Zweifel: „Mir macht es Spaß, mich für andere zu engagieren. Ich arbeite auch im Waldheim Möhringen mit und irgendwie kam ich mit ein paar Freundinnen auf die Idee, Herrn Spohn zu fragen, ob wir uns nicht auch in der Jugendarbeit einbringen könnten“, erinnert sie sich. Voraussichtlich wird sie auch die Konfirmandengruppe im kommenden Jahr unterstützen.
Am Mittwoch steht sie Joshua zur Seite, der mit seinen zeichnerischen Fähigkeiten hadert. Psalm 18 spricht davon, dass mit Gott Mauern zu überwinden seien. Das Bauwerk war rasch gemalt. Wie aber stellt man einen springenden Menschen dar? „Es ist schön, wenn man die ehemaligen Konfirmanden auch später in der Gemeinde wieder sieht“, stellt Jürgen Spohn zufrieden fest. Die Chancen dafür stehen nach der intensiven Zeit in der kleinen Gemeinschaft auch bei den Angehörigen des Jahrgangs 2017 nicht schlecht. „Man lernt sich unter diesen Voraussetzungen schon sehr gut kennen“, resümiert der Pfarrer und räumt mit dem Vorurteil auf, die jungen Leute ließen sich nur der Geschenke wegen konfirmieren: „Ich habe den Eindruck, dass sich in den vergangenen Monaten bei jedem hier auch im Inneren ganz viel bewegt hat und ich bin mir sicher, dass die Vier einige wichtige Erfahrungen mitnehmen, auch damit, dass Glaube ein Halt sein kann.“