Neubaugebiete sind für das Wachstum der Einwohnerzahl maßgeblich. Foto: Archiv (dpa/Jens Büttner)

Eine Umfrage bei Gemeinden im Raum Marbach und im Bottwartal zeigt, dass eine Steigerung der Einwohnerzahl meist schwierig ist. Teilweise wird diese auch gar nicht angestrebt.

Ende April hat die Gemeinde Kirchberg eine magische Schwelle geknackt: Jahrelang bewegte sich die Zahl der Einwohner bei rund 3600, von 2015 an stieg sie auf 3700 und anschließend – auch dank eines neuen Baugebietes – kontinuierlich in Richtung der 4000er-Marker. Obwohl einige Gemeinden in Raum Marbach ebenfalls zur so genannten Siedlungsachse zwischen Marbach und Backnang zählen und somit leichter neue Baugebiete ausweisen können, rechnen die meisten dennoch nicht mit größeren Zuwächsen bei der Einwohnerzahl, wie eine Umfrage gezeigt hat.

Bauflächen sind gar nicht so einfach zu finden

Affalterbach ist derzeit gut 4500 Einwohner stark und pendelte in den vergangenen Jahren stets zwischen 4400 und 4600 Bürgern. „Die Verluste rühren auch daher, dass wir seit 20 Jahren kein neues Baugebiet ausgewiesen haben“, so Bürgermeister Steffen Döttinger. Die Aufstufung zum Siedlungsgebiet ist für Döttinger nicht gleichbedeutend mit mehr Einwohnern. „Was das genau für Affalterbach bedeutet, wird sich erst mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplanes zeigen“, so das Gemeindeoberhaupt.

Das Problem sei unter anderem, dass sich neue Bauflächen auf Gemeindegebiet gar nicht so einfach finden lassen. „Richtung Lemberg geht nichts, weil dort das Landschaftsschutzgebiet ist, und im Bereich der Ortsentlastungsstraße gilt es, ein Abstandsgebot einzuhalten. Zudem stellt sich dort das Problem der Entwässerung“, nennt Döttinger einige Beispiele. Und auch der Weiler Steinächle komme wegen seiner Zersplitterung nicht in Betracht. Fortschritte macht allein das Baugebiet „Hinter dem Kirchhof“: Hier sollen insgesamt 27 neue Bauplätze entstehen, Döttinger rechnet mittelfristig mit 80 bis 100 neuen Einwohnern. Auch Nachverdichtungen gebe es immer wieder, allerdings führten diese regelmäßig zu Problemen mit Nachbarn.

Erdmannhausen ist eine „Insel der Seligen“

Auch Erdmannhausen zählt dank seines S-Bahn-Anschlusses in Zukunft zur neuen Siedlungsachse. Und obwohl die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen ist, rechnet Bürgermeister Marcus Kohler ebenso wie sein Amtskollege nicht mit einer großen Steigerung der Einwohnerzahl von derzeit rund 5300. „Wir haben anlässlich einer Bauklausur mit dem Gemeinderat rund 70 Grundstückseigentümer angefragt, ob sie zu einem Verkauf bereit wären“, erzählt Kohler. Doch kein einziger habe daran Interesse gezeigt, alle wollten lieber ihre so genannten „Enkel-Grundstücke“ halten.

Doch auch ohne die Ausweisung von Neubaugebieten gebe es ein moderates Wachstum: Zum einen, wenn eine Person versterbe und eine Familie in das geerbte oder gekaufte Haus ziehe. Zum anderen durch Nachverdichtungen oder Arrondierungen von alten Bebauungsplänen, die teilweise noch aus den 1950er-Jahen stammten. „Letztendlich streben wir aber auch kein so großes Wachstum an, weil wir dann unseren Infrastrukturvorteil aufgeben würden“, so Kohler. In Sachen Ärzteversorgung und Kinderbetreuung sei Erdmannhausen derzeit „eine Insel der Seligen“.

Infrastruktur ist bereits ausgelastet

Ähnlich argumentiert Bürgermeister Ralf Trettner in Pleidelsheim: „Der Bedarf und das Interesse an weiteren Bauplätzen ist da, aber in Richtung Außenbereich wollen wir keine weiteren ausweisen.“ Mit 6500 Einwohnern habe Pleidelsheim die passende Größe, durch Nachverdichtungen habe man in den vergangenen Jahren moderate Steigerungen erzielt. „Mehr können wir aber derzeit nicht anbieten, da unsere Infrastruktur zum Beispiel in Kindertagesstätten komplett ausgelastet ist“, erklärt Trettner.

Oberstenfeld rechnet mit einem großen Zuwachs

Einen deutlichen Zuwachs erwartet dafür Bürgermeister Markus Kleemann für Oberstenfeld, das mit knapp 8100 Einwohnern jüngst die 8000er-Schwelle überschritten hat. Grund dafür sind die drei Neubaugebiete Dürren IV, Am Krixenberg und Bottwarwiesen. Während die ersten beiden vor allem dem Erhalt der Einwohnerzahl dienen, hegt Kleemann in Sachen Bottwarwiesen große Erwartungen: „Wir entwickeln hier eine ortskernnahe heruntergekommene Industriebrache zu einem schönen Wohngebiet mit Gewerbeanteilen.“ Experten rechneten hier mit rund 1300 neue Einwohnern.

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Auch Nachverdichtungen gebe es immer wieder, meist aber nur in geringem Umfang. Mit den Neuzugezogenen bewege sich Oberstenfeld auf 9500 Einwohner zu. Dann könne man sich langsam die Frage stellen, ob sich Oberstenfeld darum bemühe, zur Stadt zu werden. „Derzeit sind wir davon aber noch einige Jahre entfernt“, hält Bürgermeister Kleemann den Ball flach.

Von der Gemeinde zur Stadt

Voraussetzungen
Eine Gemeinde kann auf Antrag die Bezeichnung „Stadt“ von der Landesregierung verliehen bekommen. Voraussetzung neben einer Einwohnerzahl von mindestens 10 000 ist ein so genanntes „städtisches Gepräge“. Dazu zählen etwa eine angemessene ärztliche Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten sowie Kultur-, Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten. Auch ein gewisses Maß an Gewerbe ist gefordert.

Beispiel Zuletzt wurde das 12 600 Einwohner starke Tamm im März diesen Jahres zur Stadt hinaufgestuft . Tamm war zuvor die größte nichtstädtische Gemeinde im Kreis Ludwigsburg.