Der Feuerwehrmann ist zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
Kirchberg/Waiblingen - Eine ganze Serie von Bränden hat Kirchberg im vergangenen Jahr in Atem gehalten. Gingen die meisten davon glimpflich aus, war der letzte, der sich am 22. September in den frühen Morgenstunden ereignete, verheerend. Ein Haus im Ortsteil Frühmesshof brannte nieder – ein Millionenschaden.
Der Brandstifter war ein 21-Jähriger, der mit seiner Mutter und seinen Geschwistern auf dem benachbarten Hof des Stiefvaters lebte. Am Dienstag wurde er vom Waiblinger Jugendschöffengericht zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Das Gericht erließ eine Vorbewährung: Sechs Monate lang muss er Auflagen einhalten um sich die Bewährung zu verdienen.
„Warum Sie die Taten begangen haben, ist uns nicht ganz klar geworden und Ihnen wahrscheinlich auch nicht“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Luippold am Ende des Prozesstages zu dem 21-Jährigen. Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung und einen ödipalen Konflikt hatte eine Psychiaterin festgestellt, aber keine Steuerungsunfähigkeit.
Der junge Mann, der eine sehr enge Bindung zu seiner Mutter hat, habe seinen Stiefvater nicht ertragen. Sobald er sich von diesem zurückgesetzt fühlte, habe der leicht kränkbare Angeklagte als Reaktion darauf etwas angezündet. Als „Projektion der Psyche auf Brandobjekte“ bezeichnete die Gutachterin dieses Verhalten.
Der 21-Jährige hatte bereits bei der Polizei behauptet, er habe die Brände gelegt, um von seinem Stiefvater Anerkennung zu bekommen. Beide waren bei der Freiwilligen Feuerwehr Kirchberg. Deshalb war die Vermutung aufgekommen, der Angeklagte habe Feuer gelegt, um sich anschließend beim Löschen hervorzutun.
Sieben Brände wurden ihm zur Last gelegt, ein Fall wurde während des Prozesses mangels Beweisen eingestellt. Die Vorfälle steigerten sich: von Sperrmüll- und Altpapiercontainern über eine Sitzbank bis zu einem Strohballenlager und schließlich dem Gebäude im Frühmesshof.
Auch was die Brandbeschleuniger anging, steigerte sich der Angeklagte. Zuerst nahm er Grillanzünder, dann stellte er nach einem Rezept aus dem Internet Napalm her. „Mit Benzin und Styropor“, sagte der wortkarg und introvertiert wirkende Mann. Daraus entstehe ein Gel, das man aufstreichen und anzünden könne. Einem heute 18-Jährigen, den er mit vor den Kadi brachte, demonstrierte er das brennbare Produkt an der Sitzbank. Das Verfahren gegen den 18-Jährigen wurde gegen Auflagen eingestellt. Er muss dem Landwirt, dem ein Strohballenlager gehörte, 1000 Euro in Raten zahlen.
Der 21-Jährige muss sich intensiver um Wiedergutmachung kümmern, um die Bewährung zu bekommen. Im Fall des Hofes werde er den Schaden sicher nicht begleichen können, so der Richter. „Sie sind natürlich nicht in der Lage, rund 1,2 Millionen Euro aufzubringen.“ Der Eigentümer des Gehöftes, das seit Generationen im Besitz seiner Familie war, erklärte, dass nicht nur materieller Schaden entstanden ist. „Ich will es so aufbauen, wie es war.“
Ein Pächter des Mannes, der einen Second-Hand-Laden in dem Gebäude unterhalten hatte, zeigte sich tief getroffen. „Ich habe einen Schaden von einer Viertelmillion Euro. Meine Existenz ist zerstört.“ Viele Nachbarn waren als Zuschauer gekommen, die Stimmung war zeitweise so aggressiv, dass der Verteidiger und der Vorsitzende Richter energisch Zurückhaltung fordern mussten. Die Mutter des Angeklagten, die diesen begleitet hatte, wurde in einer Pause so lautstark beleidigt, dass es das Gericht im Beratungszimmer hören konnte und dadurch in der Konzentration beeinträchtigt wurde.