Der Sarg wird zum Verbrennungsort gebracht. Foto: Werner Kuhnle

Die traditionelle Kirbe in Benningen klang spektakulär mit einer Sarg-Verbrennung und einem furiosen Feuerwerk am Ufer des Neckars aus. Mit Bildergalerie.

Zum Abschied der Benninger Kirbe weinte der Himmel Tränen. Nach wochenlanger Trockenheit ging just am letzten Tag des Traditionsfestes starker Regen nieder. Dennoch erlebten viele hundert Besucher den leuchtenden Abschluss des bunten Treibens mit. Sie säumten das Neckar-Ufer, als der symbolische Holzsarg mit der Aufschrift „Kirbe 24“ auf dem Fluss in Flammen aufging und ein furioses Feuerwerk die November-Nacht in einen Rausch funkelnder Sterne verwandelte.

 

Der Regen setzte immerhin gerade zu dem Zeitpunkt aus, als die traditionelle Prozession der Kirbebuben mit dem von ihnen selbst gezimmerten Sarg von der Gemeindehalle über die Lange Straße und die Ludwigsburger Straße zum Kelterplatz zog. Die Kirbebuben gehören immer dem Jahrgang an, der gerade 20 geworden ist.

„Vier Tage im Jahr geht es hier anders zu“

Sechs junge Männer in schwarzen Kapuzen trugen den Sarg, insgesamt neun Fackelträger bildeten die Begleitung. Voran der Kirbepfarrer Luca Lauterwasser mit der Kirbe-Fahne. Auf dem Platz vor der Kelter wurde der Sarg abgesetzt, und der Pfarrer hielt eine Predigt über die Geschehnisse des vergangenen Jahres.

Mit launigen Worten, auf gut Schwäbisch, mit vielen Anspielungen und Gedanken, von lokalen Ereignissen bis hin zur großen Weltpolitik, entwarf Lauterwasser ein teils vergnügliches, teils auch ernstes Panorama dessen, was Benningen und den Rest der Welt bewegt hat. In der Rede, die Fabian Friedl verfasst hatte, fehlten Hinweise auf das verheerende Hochwasser im Juni ebenso wenig wie Kriege, Krisen und all die Wahlen, deren Ergebnisse Extremisten stärkten. „Jedoch, es könnte alles so einfach sein, wenn man alle wie Menschen behandelt.“

Bei der Kirbe sind auch wieder Schausteller vor Ort. Foto: Werner Kuhnle

Und der Prediger versicherte immer wieder. „Die Kirbe send mir, sie liegt ons em Blut.“ Solange man dies nicht trenne, sei alles gut. Die zahlreich versammelten Zuschauer, viele den dampfenden Glühweinbecher in der Hand, lauschten im Schein der Fackeln und stimmten immer wieder in den Refrain ein. Der Kirbepfarrer betonte: „Vier Tage im Jahr geht es hier anders zu“. Zum Schluss wurde die Fahne feierlich an den nächsten Jahrgang Kirbebuben übergeben.

Und dann folgte eine dichte Menschentraube dem letzten Gang des Sarges, entlang der Böschung am Neckar bis zur neuen Brücke. Dort wurde die sechseckige Kiste auf ein paar Tonnen gesetzt und erlebte ihren „Stapellauf“. Kirbepfarrer Lauterwasser entzündete die Konstruktion in dem Augenblick, als der Sarg, von einem Boot gezogen, zu Wasser gelassen wurde. Es folgten stimmungsvolle Momente, als er über den Neckar glitt, die vielen Zuschauer klatschten Beifall. Gleich darauf schossen die ersten Raketen des farbenprächtigen Feuerwerks in den nachtgrauen Novemberhimmel.

So ging eine Kirbe zu Ende, die auch in diesem Jahr nicht nur Benninger gerne besucht und genossen haben. So wie die beiden jungen Mädchen auf dem Kirbeplatz, die vor allem zweierlei wollten: „Boxauto fahren und Crêpes essen“. Der Crêpes-Stand war gut umlagert, und beim Auto-Scooter zeigte sich die Kassiererin recht zufrieden: „Wir hatten regen Zulauf an diesen drei Tagen, schade nur, dass es heute geregnet hat.“

Auch zu vorgerückter Stunde waren noch ganze Familien unterwegs. Ein Vater sagte: „Da hinten, der mit den Luftballons kickt, das ist unser Kleiner. Wir müssen ihn im Auge behalten.“ Er wohnt seit 25 Jahren in Benningen, liebt die Kirbe. Eine andere Besucherin hat noch ältere Verbindungen zum Fest. „Mein Großvater war schon 1928 Kirbebube. Und später war es mein Mann, und meine Buben …“ Für echte Benninger war es, wie der Kirbeprediger gesagt hatte, eben wieder einmal „die fünfte Jahreszeit“.