Eine monatelange Schließung geht zu Ende: Mit dem Kinostart von „Tenet“ nehmen die Kinos von Heinz Lochmann und damit auch der Esslinger Traumpalast Ende August den Betrieb wieder auf. Der Geschäftsführer hofft auf das Herbstgeschäft und die Vernunft der Menschen.
Esslingen - Wenn am 26. August der Actionfilm „Tenet“ über die Leinwand läuft, endet in den Traumpalast-Kinos eine mehr als fünf Monate lange Schließung. Am 17. März musste Geschäftsführer Heinz Lochmann seine acht Kinos in der Region Stuttgart sowie ein weiteres in Hamburg aufgrund der Corona-Pandemie schließen – auch die Traumpaläste in Esslingen und Nürtingen waren betroffen, in denen seit Wochen gar nichts geht. Die rund 300 Mitarbeiter, die Lochmann beschäftigt, waren in Kurzarbeit, zunächst zu 100, dann zu 70 bis 80 Prozent. „Man muss ja auch mal nach den Kinos gucken“, erklärt der Rudersberger Kinounternehmer und berichtet von Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten. Trotzdem: „Das war eine Zeit der Leere“, sagt er über die zurückliegenden Monate. Für Esslingen gilt das gleich doppelt: Der dortige Traumpalast in zugleich ein Besuchermagnet für das Dick-Center mit seinen Geschäften und Lokalen.
Und auch mit der Wiedereröffnung werden die Kinosäle auch in Esslingen und Nürtingen erst einmal leerer sein als vor der Pandemie: „Bis dato gelten immer noch die 1,50 Meter Abstand“, so Lochmann. Da zwischen den einzelnen Reihen allerdings in der Regel nur 1,20 bis 1,35 Meter liegen, müssten je zwei Reihen zwischen den Besuchern frei bleiben – und immer zwei Plätze rechts und links von ihnen. Damit könnten in einem Kinosaal maximal 28 Prozent der eigentlichen Auslastung erreicht werden, schätzt der Geschäftsführer. Ein wirtschaftlicher Kinobetrieb sei da schwierig. Würde das Land den Abstand auf einen Meter verringern, wie es jüngst Berlin getan hat, könnten immerhin knapp 50 Prozent der Plätze belegt werden. „Wir hoffen, dass Baden-Württemberg nachzieht und dass bald ein Impfstoff gefunden wird“, sagt Lochmann.
Außer „Tenet“ starteten in den nächsten Monaten weitere größere Filme
Die Abstandsregeln sind jedoch nicht die einzige Herausforderung: Viele Filmstarts sind verschoben oder aber die Studios bieten neue Filme als Video-on-Demand auf Streamingdiensten an. „Der globale Kinostart ist heutzutage immer wichtiger“, erklärt Lochmann. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass Raubkopien, die über das Internet schnell von einem Kontinent zum nächsten gelangen, das Geschäft kaputt machten. Hollywoods wichtigster Markt – die USA und Kanada – aber auch der asiatische Raum seien durch das Coronavirus jedoch fast komplett weggebrochen. „Für einen Produzenten, der, sagen wir mal, 300 Millionen in einen Film gesteckt hat, ist das Risiko sehr groß, dass seine Kosten bei einem Kinostart in der jetzigen Situation nicht reingeholt werden“, sagt Lochmann.
So hat beispielsweise Disney den Start des Films Mulan, der ursprünglich für das Frühjahr geplant gewesen war, in den vergangenen Monaten immer wieder verschoben. Nun soll Mulan ab September beim Streaming-Dienst Disney+ erscheinen. Dort, wo Kinos wieder geöffnet haben, könnte der Film Disney zufolge dann auch auf der Leinwand gezeigt werden.
„Wenn die Leute gar nicht mehr rausgehen, sind irgendwann keine Kinos mehr da – aber auch kein Einzelhandel, keine Gastronomie“, sagt der Kinogeschäftsführer. Die Sieger der Corona-Krise seien Amazon und Netflix. Trotzdem bleibt Lochmann gelassen: „Ich glaube nicht, dass Corona die Zukunft des Kinos gefährdet.“ Außer Tenet starteten noch weitere größere Filme in den kommenden Monaten – „natürlich alles noch unter Vorbehalt. Wenn es wieder einen Lockdown gibt, dann wird es schwierig“, betont Lochmann.
Negative Erfahrungen anderer Betreiber schrecken Lochmann nicht ab
Jetzt aber konzentriert er sich erst einmal auf die Wiedereröffnung seiner Traumpaläste. Die negativen Erfahrungen anderer Kinobetreiber, wie etwa in Stuttgart, wo so manches Kino schon wieder geschossen hat, schrecken ihn nicht ab. „Wir haben auf Tenet gewartet und probieren das mit diesem Film ab dem 26. August. Stand heute machen wir die Kinos dann auch nicht mehr zu – außer es kommt zum Lockdown“, erläutert er seine Strategie.
In den Kinos werde alles für eine „maximale Sicherheit der Besucher“ getan, versichert der Geschäftsführer: Überall gelte eine Maskenpflicht, außer auf den Sitzen im Saal, an den Theken seien Plexiglasscheiben angebracht, in den Toiletten und an Ein- und Ausgängen gebe es Desinfektionsmittel. Die Vorstellungen beginnen zeitversetzt, sodass sich nicht so viele Menschen gleichzeitig im Foyer aufhalten. „Das ist alles entspannter als im Zug oder Flugzeug, wo alle auf einmal rein- und raus müssen“, sagt Lochmann. Die Kinosäle würden mit neuesten Klimaanlagen belüftet, bei denen der Frisch- und Umluftanteil jeweils individuell eingestellt werden könne. Die Intervalle zwischen den Vorstellungen seien größer als sonst, so sei „schnell wieder frische Luft drin“. Unter den derzeitigen Bedingungen, gibt Lochmann zu, sei der Kinobetrieb nicht kostendeckend: „Aber es muss ja irgendwie weitergehen.“ Er hoffe auf das Herbstgeschäft und darauf, dass die Leute sich vernünftig verhalten. „Als Unternehmer muss man Optimist sein. Ich gehe davon aus, dass es mittelfristig besser wird.“ Bis dahin gelte es, so lange wie möglich durchzuhalten. „Schlechter werden darf es nicht“, sagt der Geschäftsführer.
Studie zur Aerosolkonzentration im Kinosaal
Das Hermann-Rietschel-Institut der Technischen Universität Berlin hat jüngst die Aerosol-Konzentration in zwei Kinosälen mit denen eines maschinell belüfteten Büroraums verglichen. Der Hauptverband Deutscher Filmtheater HDF Kino hatte die Studie in Auftrag gegeben.
Wenn die Kinobesucher nur atmen, liegt die Aerosolkonzentration in den Sälen demnach unter der im untersuchten Büroraum, wo gesprochen wird. „Lediglich im Fall, dass die infizierten Personen durchgängig sprechen, ist dann eine höhere Aerosolkonzentration zu erwarten als in dem maschinell belüfteten Büroraum mit einer infizierten Person, die ebenfalls durchgängig spricht“, so die Forscher.
Die Wissenschaftler betonen aber auch, dass die Aerosolkonzentration im unmittelbaren Ausatemvolumenstrom einer Person deutlich höher sei und dass „die Betrachtungen für diesen Bereich nicht angewendet werden können.“ Auch sagten die Ergebnisse nichts über die Überlebensfähigkeit der Viren in der Raumluft aus.