Manche muslimischen Männer wollen sich nicht von einer Frau behandeln lassen: Mila Al Zahrani in „Die perfekte Kandidatin Foto: Verleih

In „Die perfekte Kandidatin“ beschließt eine saudische Ärztin, für den Stadtrat zu kandidieren – und entwickelt sich im Wahlkampf zur Frauenrechtlerin.

Stuttgart - Zunächst kandidiert die Ärztin Maryam (Mila Al Zahrani) nur für den Stadtrat, damit endlich die Zufahrt zum Krankenhaus asphaltiert wird und Patienten wie Mitarbeiter nicht mehr durch den Dreck waten müssen. Doch die Respektlosigkeiten, Missachtungen und Diskriminierungen, die sie während ihrer Kampagne erfährt, verschieben ihren Fokus: Bald geht es ihr um die Rechte von Frauen in der patriarchalischen Machogesellschaft Saudi-Arabien.

Die Regisseurin Haifaa Al Mansour ist in einem Bildungsbürgerhaushalt aufgewachsen und hat mit „Das Mädchen Wajda“ (2012) den ersten abendfüllenden Spielfilm unter saudischer Regie vorgelegt. Darin setzt eine Elfjährige alles daran, ein Fahrrad zu bekommen – obwohl Radfahren für saudische Damen als unschicklich gilt. Seither ist Al Mansour eine der wichtigsten Stimmen für die Rechte arabischer Frauen. In „Die perfekte Kandidatin“ zeigt sie gleich zu Beginn subtile Kleinigkeiten im Alltag, die Maryam ausbremsen – Kollegen nehmen sie nicht für voll, Männer wollen sich nicht von einer Frau behandeln lassen.

Die Männer machen es ihr schwer

Was es in so einem Klima gesellschaftlicher Spaltung bedeutet, sich in einem Wahlkampf zu exponieren, diskutiert Maryam zu Hause mit ihren Schwestern: Sara (Nora Al Awadh) ist eine unabhängige, liberal eingestellte Filmemacherin, die Maryam nach Kräften unterstützt, Selma (Dae Al Hilali) hingegen hat Angst, dass der Ruf der Familie leiden könnte. Die Herzen der Frauen, die aufblühen, sobald sie unter sich sind, gewinnt die Kandidatin, doch die Männer machen ihr es schwer – bis Maryam sich den ihr als Frau auferlegten Einschränkungen irgendwann nicht mehr beugt und aufbegehrt.

Geradlinig, ohne komplizierte Wendungen zeigt Al Mansour die für saudische Verhältnisse revolutionäre Entwicklung ihrer Protagonistin. Sie führt exemplarisch vor, wie Frauen berechtigte Anliegen auch unter schwierigen Bedingungen selbstbewusst vertreten können. Das wirkt manchmal ein wenig didaktisch, ist aber auf jeden Fall ein starkes Statement.

Die perfekte Kandidatin. Saudi-Arabien/Deutschland 2019. Regie: Haifaa Al Mansour. Mit Mila Al Zahrani, Nora Al Awadh. 101 Minuten. Ab 6 Jahren.