Charaktere und Atmosphäre: Terence Stamp, Christina Hendricks in „Das krumme Haus“ Foto: Verleih

Schwarzer Humor, wie man ihn nicht oft findet, durchzieht diese schöne Agatha-Christie-Adaption. Ein starker Cast sorgt für Tiefgang und Nervenkitzel.

Stuttgart - Frauen sollen weniger grausam sein als Männer? Von wegen – die teils abgrundtief bösen Romane der Kriminalautorin Agatha Christie beweisen es. Das Talent der Britin, Verbrechen bis ins letzte Detail genüsslich auszubuchstabieren, fasziniert nicht nur eine weltweite Leserschaft, sondern auch die Filmbranche.

Nach Kenneth Branaghs prominent besetztem „Mord im Orient-Express“ (2017) kommt nun Gilles Paquet-Brenners Adaption des Familiendramas „Das krumme Haus“ in die Kinos. Im Zentrum steht der junge Ex-Diplomat Charles Hayward (Max Irons), der sich als Privatermittler in seiner vom Vater ererbten Detektei versucht. Charles’ erste Klientin ist eine Bekannte aus dessen Tagen an der britischen Botschaft in Kairo. Anders als damals ist diese Sophie (Stefanie Martini) jedoch weniger an Charles’ männlichen Vorzügen interessiert als an seinem ermittlungstaktischen Geschick. Sophie kommt aus der reichen, aus Griechenland stammenden Familie Leonides. Vor Kurzem verstarb deren Patriarch unter dubiosen Umständen. Dem alten Mann wurden giftige Augentropfen intravenös verabreicht – angeblich ein Unfall, der zu einer tödlichen Herzattacke führte. Sophie glaubt daran nicht und beauftragt Charles, in den Reihen ihrer spleenigen Verwandten den Schuldigen zu finden. Bald zeigt sich, dass jeder ein Mordmotiv haben könnte, sogar Sophie selbst.

Christina Hendricks glänzt

Ruhig und mit lässiger Eleganz entspinnt Paquet-Brenner den Fall, wobei er der Schilderung der verkommenen Familienstrukturen besondere Aufmerksamkeit schenkt. Anders als Branagh, der mit viel Geld viele Effekte servieren konnte, muss der eher unbekannte französische Filmemacher zivilere Mittel aufbieten. Die Begrenzung erweist sich aber als Chance, weil hier der Fokus auf den Charakteren und der Atmosphäre ruht. Christina Hendricks („Mad Men“) glänzt in der Rolle des Ex-Showgirls Brenda, das erst vor Kurzem den Verstorbenen geheiratet hat und nun in der Familie als schwarze Witwe verschrien ist. Lustvoll chargiert Gillian Anderson als Magda, exaltierte Schauspielerin und Tochter des Alten, die nicht nur auf der Bühne eine schlechte Kopie von Elizabeth Taylor als Königin Kleopatra mimt. Das Regiment über den Clan führt Lady Edith, die Schwägerin des Verstorbenen. Glenn Close verkörpert sie als resolute Gutsherrin, die selbst harmlosen Maulwürfen mit der Schrotflinte auf den Pelz rückt.

Die poppig-bunten Interieurs des Hauses verraten viel über das Seelenleben der Familienmitglieder, und das haarsträubend fiese Ende überbietet jede denkbare Scheußlichkeit. Derartig intensiven schwarzen Humor findet man nur selten.